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Liegengebliebene Container und die Haftung gegenüber der Reederei

von Redaktion Loginfo24

Der auf Transport- und Versicherungsrecht spezialisierte Jurist Dr. jur. Nando Stauffer von May, schildert in einem Fachartikel, was für Gefahren auf die Spediteure lauern, wenn Container in den Häfen liegen bleiben, weil Container aus Fernost inzwischen die Häfen in Europa erreicht haben, aber jetzt hier die Werke geschlossen sind.

Von Nando Stauffer von May

(Zürich) Zahlreiche europäische Unternehmen haben in den ersten Monaten dieses Jahres Waren aus China bestellt. China befand sich mitten in der Coronakrise und die von der Regierung getroffenen Massnahmen haben die Produktion und Verschiffung der Waren derart verzögert, dass viele Waren erst nun im Spätfrühling Europa erreichen. Die hiesigen Unternehmen wiederum wurden inzwischen von den infolge des Covid-19-Virus verordneten Massnahme getroffen. Nicht wenige haben noch volle Lager oder haben aus anderen Gründen zurzeit keine Verwendung für die bestellte Ware. Viele Firmen haben auch mit finanziellen Engpässen zu bekämpfen. Die europäischen Häfen erwarten deshalb, dass Container länger im Hafen stehen bleiben. Auch besteht die Gefahr, dass Waren gar nicht in Empfang genommen werden.

Es droht eine Demurrage oder eine Detention

Befinden sich die Waren länger im Hafen und länger im Container fallen sog. Demurrage und Detention Kosten an. Mit Demurrage ist die Überliegezeit des Containers im Hafen bis zur Abholung des Containers zu entschädigen. Detention demgegenüber stellt ein Verzugsgeld bei verspäteter Rückgabe des entladenen Containers dar. Seit dem Einbruch der Frachtraten können Demurrage und Detention einen nicht unwesentlichen Bestandteil der Transportkosten darstellen. Beide Kostenpunkte stellt die Reederei zusätzlich zur Fracht, d.h. dem eigentlichen Entgelt für den Transport, in Rechnung. Lässt ein Unternehmen die Waren im Container im Hafen für längere Zeit stehen, akkumulieren sich somit beträchtliche Kosten.

Bei einem sog. Freight Collect-Transport wird die Reederei die Transportkosten beim Consignee gemäss B/L, d.h. beim Empfänger gemäss Frachtdokument, bei der Abholung der Ware einkassieren. Beim Freight Pre-Paid-Transport wurde die Fracht bereits vom Absender oder Spediteur bezahlt oder jedenfalls die Verpflichtung zur Bezahlung übernommen. Vertraglich, d.h. in den Beförderungsbedingungen (Terms of Carriage), wird häufig vereinbart, dass sowohl der Absender (Shipper) wie auch der Empfänger (Consignee) und nicht selten noch weitere Personen für Demurrage und Dentention haften würden. In den Beförderungsbedingungen wird ferner auch bei einem Freight Collect-Transport die Mithaftung des Absenders und Auftraggebers für die Fracht vereinbart.

Holt der Empfänger bspw. zufolge Konkurs oder Wertzerfalls der Ware die Container gar nicht ab, dürfte somit in der Regel der Absender der Reederei für Fracht sowie Demurrage und Detention haften. Tritt ein Spediteur als Absender auf, haftet entsprechend dieser für Fracht sowie Demurrage und Detention. Auch die transportierte Ware «haftet» zufolge Retentionsrecht des Frachtführers und allenfalls vertraglich vereinbartem Pfandrecht zugunsten des Frachtführers (Reederei) für die Transportkosten.

Soweit den Spediteur eine Haftung trifft, wird er in der Regel gut beraten sein, die Ware im Hafen abzuholen, um wenigstens Demurrage und Detention zu minimieren und die Ware ggf. günstiger zwischenzulagern. Auch steht dem Spediteur ein Retentionsrecht an der Ware zu, die damit auch für die Forderung des Spediteurs Sicherheit bietet.

Wer auch immer letztlich für die Fracht sowie Demurrage und Detention aufkommen musste, wird prüfen müssen, ob er diese Kosten im Rahmen eines Rückgriffs auf eine andere Partei wiedererhältlich machen kann.

Foto: © Pixabay

www.gbf-legal.ch

Der Autor

Nando Stauffer von May
Dr. iur., Notar des Kantons Bern
Nando Stauffer von May ist im Gesellschafts- und Handelsrecht, Datenschutzrecht sowie im Transport- und Versicherungsrecht, sowohl beratend, beurkundend als auch prozessierend tätig. Er ist Partner der gbf Rechtsanwälte AG
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