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Baustellenlogistik am Beispiel der Grossbaustelle Roche in Basel

von Loginfo24 Redaktion
Die Baulogistik ist eine Nische in der Logistik und dennoch ist sie im einzelnen Falle äusserst wichtig. Gerade auf Grossbaustellen würde ohne eine fundierte und durchdachte Baulogistik gar nichts gehen und alles würde zusammenbrechen. Am Beispiel des „pRED Innovation Center“ des Pharmakonzerns Roche in Basel schildern Nick Weishaar und Marius Kukasch den logistischen Ablauf auf dieser Grossbaustelle. Diese ist zur Zeit in der letzten Phase und man ist auf Stufe der Umgebungsarbeiten.

Von: Nick Weishaar und Marius Kukasch

(Basel) Die Roche investiert insgesamt über 3 Milliarden Schweizer Franken in die Standortentwicklung. Ein Schwerpunkt liegt im Bereich Forschung und Entwicklung. Das Forschungs- und Entwicklungszentrum „pRED Innovation Center“ mit einer Investitionssumme von 1’17 Mrd CHF ist massgebend für diese Strategie. Die vier integrierten Labor- und Bürogebäude bieten Platz für ca. 850 hochmoderne Laborarbeitsplätze und ca. 900 modulare Büroarbeitsplätze. Alle vier Gebäude sind durch die sogenannte Avenue im Erdgeschoss verbunden.

Neben dem Rückbau der Bestandsgebäude, und der Gewinnung von 180`000 Tonnen recyclingfähigem Abbruchmaterial konnte im April 2019 mit den Bauarbeiten am pRed Center begonnen werden. Das Bauvorhaben bestand aus einer Tiefgarage mit 6 Untergeschossen, sowie einem Konferenzzentrum über 5 Stockwerke, einem neuen Headquarter über 6 Stockwerke sowie den beiden Laborhochhäusern mit 16 und 26 Stockwerken mit einem Bauvolumen von 605`000 m3, inmitten eines Wohnquartiers. Erschwerend kommt hier der laufende Betrieb der F. Hoffmann-La Roche AG zum Tragen, der nicht einschränkbar ist und über die gleichen Logistikwege wie die Baustelle versorgt werden muss.

Logistische Herausforderungen

Als besondere Herausforderung stellte sich hier die hohe Installationsdichte und Komplexität der gleichzeitig zu erstellenden Gebäude im umbauten und hoch frequentierten Raum dar. Die hohe Anzahl der am Bau beteiligten Gewerke (ca. 80 Unternehmen) mit bis zu 1600 Mitarbeitenden gleichzeitig auf dem Baufeld. Durch ein sehr straffes Bauprogramm, die kleinen Anlieferzonen mit hoher Materialdichte und kaum vorhandenen Lagerflächen stellte hier an alle Beteiligten eine ganz besondere Herausforderung.

Die enge städtische und lärmsensitive Umgebung, kombiniert mit höchsten Sicherheitsanforderungen maximierte die logistischen Herausforderungen zur Einhaltung des Bauplans. Hinzu kamen die Einflüsse und Risiken der COVID 19 Pandemie sowie den damit verbundenen Kontakteinschränkungen bis hin zu Störungen und Unterbrechungen der Lieferketten.

Ausgangssituation

Bereits frühzeitig erkannte der Auftraggeber hier die Dimension der notwendigen Massnahmen und entwickelte mit den Beteiligten neue, bis dahin wenig etablierte Hilfsmittel sowie Einrichtungen zur Materialsteuerung als auch zur Warenkontrolle.

Neben den im klassischen Bauablauf zu erwartenden gravierenden Verkehrsengpässen der auf das städtische Strassennetz zukommen würde, wurde auch die zeitgerechte Ver- und Entsorgung der Baustelle mit Materialien in Frage gestellt. Aufgrund des Umfangs der Baumassnahmen hat der Auftraggeber beschlossen, den Logistikprozess so zu gestalten, dass eine Bündelung und Kontrolle von Materialflüssen möglich sein muss und damit einhergehend eine Reduktion von Transportfahrten zur Baustelle. Zur Optimierung der logistischen Netzwerke und zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rentabilität wurde als Lösung der Einsatz eines Konsolidierungslagers eingebracht. Dieser Ansatz schien ein hohes Potential in Bezug auf eine effizientere Abwicklung von baulogistischen Prozessen unter Einbezug von ökologischen und ökonomischen Kriterien in sich zu vereinen. Das bis dahin schweizweit grösste Konsolidierungslager mit einer Lager- und Umschlagsfläche von 3`500 m2, welches kontinuierlich dem Bauablauf folgend bis auf 10`000m2 erweitert werden konnte, wurde zum Dreh- und Angelpunkt eines hoch dynamischen Logistikablaufs.

Sicherstellung der Materialverfügbarkeit und termingerechte Bauausführung

Als Ziele des zu gestaltenden Logistikprozesses wurden neben der Sicherstellung der Materialverfügbarkeit auch die wirtschaftliche und termingerechte Bauausführung sowie die Sicherstellung der Ver- und Entsorgung der Baustelle unter Reduktion des innerstädtischen Verkehrs definiert. Aufgrund fehlender Platzkapazitäten die als Zwischenlager oder Pufferflächen hätten dienen können verstärkte hier die Indikation zum Einsatz des Konsolidierungslagers. Aufgrund dieser nicht vorhandenen Flächen musste auch die gesamte Entsorgungslogistik ausserhalb der Baustelle abgewickelt werden. Das wesentliche Ziel der übergeordneten Logistik bestand darin, die bestehenden Kapazitäten effizient auszuschöpfen als auch das Risiko von Bauablaufstörungen, Kostensteigerungen sowie Terminverzügen zu vermeiden.

Massnahmen

  • Einführung Lean Management auf der Baustelle
  • Zentrale Organisation und Koordination sämtlicher Material – und Personentransporte
  • Gestellung des benötigten Abladeequipments durch Baulogistik
  • Einweisung und Materialablad durch Baulogistik
  • Vertikale und horizontale Verbringung durch Baulogistik
  • Entsorgung ab Etage durch Baulogistik inkl. Gestellung Rollbehälter
  • Einsatz eines vorgelagerten Konsolidierungslagers
    • Sämtliche Transporte werden über das Konsolidierungslager abgewickelt
    • Nur in Ausnahmefällen ist eine Direktanlieferung möglich
    • Lagerung von Baumaterialien (Diebstahl- und Wettergeschützt)
    • Lagerverwaltung mittels Lagerverwaltungstool, angepasst an den Bauablauf
    • Möglichkeit der Vormontage / Modulbau
    • Konsolidierter Transport mit betriebseigenen Elektro LKW
    • Gestellung von Entsorgungsmulden und Containern
Kommunikation via Baustellenportal

Zur Optimierung der Kommunikation und als zentrales Steuerungsinstrument im Bereich Baulogistik stellt Roche ein Baustellenportal zur Verfügung. Im Rahmen der Startsitzungen erfolgt durch den Baulogistiker eine kurze Einweisung in das Tool, dabei werden auch die übergeordneten Prozesse vorgestellt.

Diese web-basierte Anwendung umfasst:

  • die Anmeldung von Baustellenmitarbeitern (Zugangskontrollsystem, ZuKo)
  • die Anmeldung von Transporten über das Baulogistik-Tool (BauLOG Tool)

Nach Erfassung der Lieferung wird die Anmeldung durch die Baustelle geprüft und soweit möglich bestätigt. Die Bestätigung wird dem anmeldenden Unternehmer mittels E-Mail zugestellt. Sämtliche Materialanlieferungen müssen über das Logistik Tool mindestens drei Arbeitstage vor Lieferung angemeldet werden. Der Logistikdisponent prüft die Lieferanfrage und bestätigt diese, wenn er sie gemäss seiner Tagesplanung garantieren kann. Bei Änderungen an der Lieferanfrage nimmt er Kontakt zum Unternehmer auf und bespricht die Möglichkeiten bzw. Änderungen.

Der übergeordnete Areal-Verkehr wird durch die Logistik abgestimmt und koordiniert

Der Logistikprozess erfolgt wie in Abbildung 1 dargestellt, über zwei Anlieferungsarten. Der Regelprozess umfasst die Indirektlieferungen über das Konsolidierungslager. Innerhalb des Konsolidierungslagers wird die gesamte Logistik durch den Baulogistiker gewährleistet. Im Konsolidierungslager werden die angelieferten Verpackungseinheiten zunächst entladen, vom Baulogistiker und ggf. dem Logistikverantwortlichen des Unternehmers gemeinsam kontrolliert und im Lagerverwaltungssystem/ Warenmanagementsystem (LVS) erfasst. Das Material wird entweder sofort in der Pufferzone vom Unternehmer für den Transport auf die Baustelle kommissioniert oder bei grösseren Lieferungen nach Unternehmen getrennt eingelagert (UN-Fläche). Der UN ruft das Material im Konsolidierungslager ab. Die detaillierte Planung (Menge, Lagerort, Etage) wird mit dem Baulogistiker abgestimmt. Der Unternehmer hat dabei eine Prüfpflicht, der Baulogistiker validiert wiederum hinsichtlich Konflikte und Engpässen. Sämtliche Transporte vom Konsolidierungslager auf die Baustelle werden nach Abruf des Unternehmens durch den Baulogistiker erbracht und dieser übernimmt auch die Übergabe und die Sicherstellung der Materialverbringung auf der Baustelle, hin zu den geplanten Übergabepunkten bzw. Umschlagszonen auf den Etagen.

Die Direktanlieferungen aufs Baufeld sind mit einer Ausnahmegenehmigung der Bauleitung möglich. Hierbei soll sich auf Grossmaterialien wie Monoblöcke, Fassadenelemente als auch Beton usw. beschränkt werden.  Grundsätzlich ist die Baulogistik für das Materialhandling des Materials, für sein Equipment und für die Entsorgung zuständig. Sämtliche Verpackungseinheiten sind gemäss Montagekonzept für den jeweiligen Einbauort nach Gebäude, Geschoss sowie Zone vorzukommissionieren, zu labeln und an das Konsolidierungslager anzuliefern.

Abbildung 1: Systematische Übersicht Logistikprozess

Die Entladung, die weitere Verbringung und auch die Beladung (für Rücktransporte, Equipment Transporte und Rollcontainer) erfolgen unter der Führung des Baulogistikers. Bei Lieferungen mit spezifischen Anforderungen erfolgt die Verbringung durch den Unternehmer in Absprache mit dem Baulogistiker. Der Unternehmer benennt gegenüber dem Baulogistiker einen Logistikverantwortlichen der für alle Entlade- und Transportvorgänge, die für Materialien, Geräte oder Maschinen seines Unternehmens und seiner Subunternehmer/ Lieferanten erforderlich sind, verantwortlich ist und den Prozess führt. Ausnahmen bilden hierfür die Verbringungen auf die Etage nach 19 Uhr. In diesem Falle ist der Unternehmer für die Kontrolle morgens vor Arbeitsbeginn verantwortlich. Beanstandungen sind an den Baulogistiker unverzüglich zu melden. Die logistische Verantwortung (Gefahrenübergang) geht für einen gewissen Zeitraum am Übergabepunkt Konsolidierungslager bzw. Übergabepunkt Baufeld vom Unternehmer auf den Baulogistiker über und geht am Übergabepunkt auf dem Geschoss wieder auf den Unternehmer zurück. Dies gilt unabhängig davon, ob es eine Direkt- oder Indirektlieferung ist.

Der Baulogistiker stellt für die Entladung und Verbringung auf die Zwischenlager oder Einbauflächen folgende Hilfen zur Verfügung, die vom Unternehmer mit einer Mindestvorlaufzeit von drei Arbeitstagen via BauLOG Tool gebucht werden können und durch den Baulogistiker bedient werden:

  • Handhubwagen mit Tragkraft 2t
  • Elektro-Hubwagen mit Tragkraft 2t
  • Gabelstapler mit Tragkraft 3t (elektrisch) bis ggf. Tragkraft 5t
  • Teleskopstapler mit Nenntragfähigkeit 4t
  • Minikran mit Bedienung und Nenntragfähigkeit 55kN (für Verbringungen in die Untergeschosse)
  • Elektroameise (nach Verfügbarkeit)
  • weiteres bauphasenspezifisches Equipment

Alle Materialanlieferungen werden über das BauLOG Tool angemeldet. Da der Baulogistiker auch die Aufzugsfahrten für Equipment, Hygiene etc. in seiner Verantwortung und im Überblick hat, kann er auf Basis dieser Gesamtübersicht eine optimierte Tagesplanung vorausschauend erstellen und bei Konflikten frühzeitig Lösungen definieren und umsetzen. Der Baulogistiker ist vollumfänglich für das Beladen, die Durchführung und das Entladen der Aufzüge wie in Abbildung 2 dargestellt, verantwortlich. Der Baulogistiker entscheidet in letzter Konsequenz über die eingesetzten Logistikmittel. Es besteht für den UN zu keiner Zeit ein Anspruch auf Bereitstellung von Aufzugskapazitäten. Aus den via BauLOG Tool zugewiesenen Aufzugszeiten oder Kapazitäten an den UN, leitet sich kein Anrecht des UN auf diese Nutzung ab, sofern sich Stillstände aufgrund technischer oder witterungsbedingter Einflüsse ergeben oder kurzfristig Änderungen im Bauablauf notwendig werden. Die Aufzüge sind prioritär für den Materialtransport zu verwenden.

Bei Personentransporte vor allem zu Arbeitsbeginn, zu den Verpflegungszeiten («Znüni», Mittagspause) und am Abend zu Arbeitsende sind gleichzeitig viele Mitarbeiter zu transportieren. Durch eine geschickte Zuweisung der angefahrenen Etagen für jeden der eingesetzten Aufzüge kann die Zeit, bis ein Mitarbeiter an seinem Ziel ankommt, minimal gehalten werden. Es wird ein möglichst immer gleichbleibendes Aufzugsmuster vorgegeben. Die Aufzugsfahrten werden durch den Baulogistiker gesteuert.

Die Kranplanung für die Entladungen der LKW werden durch den Baulogistiker koordiniert. Der Unternehmer kann bereits bei der Anmeldung seiner Lieferung im BauLOG Tool einen Kran beantragen. Die Auswahl eines Kranes bedeutet aber noch keine Reservierung. Grundsätzlich entscheidet der Baulogistiker ob für die Materialverbringung ein Kran oder ein Aufzug eingesetzt wird.

Abbildung 2: Materialtransport auf der Baustelle

Zonen in der Verantwortung der Baulogistik

Die Baulogistik verantwortet das Flächenmanagement und verwaltet die Zonen auf der Logistikfläche ausserhalb und innerhalb der Gebäude (UG, EG, Geschosse). Folgende Zonen sind in der Verantwortung des Baulogistik:

  • Entladezonen
  • Verkehrswege LKW
  • Verkehrswege Logistik
  • Verbringungswege im Gebäude
  • Materialzonen
  • Verpflegungs- und Pausenbereiche und Raucherzonen
  • Entsorgungsbereiche

Über das BauLOG-Tool haben die Beteiligten jederzeit Zugriff auf das Flächenmanagement und können so die Flächenbelegung und -buchung online abrufen und vornehmen.

Der Baulogistiker stellt zur Entsorgung Rollcontainer auf allen Etagen zur Verfügung. Hier werden sogenannte Entsorgungsinseln an definierten Punkten aufgebaut. Hierzu wurde ein Entsorgungskonzept mit den zu entsorgenden Materialien festgelegt und die dementsprechende Anzahl von Rollcontainern bereitgestellt und beschriftet (Bild, Text) um hier eine möglichst sortenreine Trennung zu erreichen. Der Unternehmer ist grundsätzlich verpflichtet, den eigenen Bauschutt, Verpackungsmaterial (Gebinde, Paletten und dergleichen) und weitere Abfälle sowie Flüssigkeiten täglich in der vorgegebenen Systematik zu entsorgen. Der Unternehmer verpflichtet sich seinen Arbeitsort täglich sauber zu hinterlassen. Die vollen Rollcontainer werden im Shuttletransport zur Leerung ins Konsolidierungslager verfahren und dort in die bereit gestellten Mulden gekippt. Nach Übergabe in die Mulde/ Container übernimmt der verantwortliche «Containerdienst».

Wirkungsabschätzung

Von den Projektverantwortlichen wurde schon frühzeitig die Notwendigkeit einer übergeordneten gewerkeübergreifenden Logistikplanung und professionellen Ausführung der Baulogistik erkannt. Im Vordergrund standen die wirtschaftliche und termingerechte Bauausführung. Hierbei zu berücksichtigen waren neben der Gewährleistung der Baustellensicherheit insbesondere die Reduktion der Auswirkungen auf Umwelt und Anwohner.

Die digitale Verknüpfung von Bauablauf und Logistik sowie die Einführung von Lean Management ermöglicht es im Vorfeld den Logistikablauf zu planen und so entstehende Engpässe im Vorfeld zu verhindern bzw. abzumildern bevor diese sich auf dem Baufeld potenzieren. Die durchgängige Digitalisierung ermöglicht es laufende Anpassungen zeitnah zu übertragen und allen Beteiligten ohne Unterbrüche zur Verfügung zu stellen.

Logistiktool verhinderte LKW-Wartezeiten und Schleichfahrten

Durch den Einsatz eines Logistiktools und der Koordination der Transporte zur Baustelle konnten positive Effekte in der effektiven Abwicklung der Transporte und der Vermeidung von LKW-Wartezeiten bzw. Schleichfahrten um die Baustelle herum erzielt werden.

Der Einsatz eines Konsolidierungslagers ermöglichte es auf dieser Baustelle, Methoden des industriellen Bauens anzuwenden, den Produktions- und Einbaustandort voneinander zu trennen und damit eine modulare Vorfertigung ausserhalb der Baustelle zu ermöglichen. Damit wurde der Flächenbedarf auf der Baustelle weiter reduziert und kleinteilige Lieferungen konnten vermieden werden. Durch die zur Verfügung gestellte Lagermöglichkeit wurden grössere Mengen Material bestellt, um die Anzahl der externen Transporte zum Konsolidierungslager zu verringern. Weiter konnten die negativen Auswirkungen der volatilen Lieferketten und den damit verbundenen Materialengpässen entgegengewirkt werden. Durch den restriktiven Anlieferprozess über das Konsolidierungslager konnten hier die Direktanfahrten aufs Baufeld um ca. 60 % reduziert werden. Aufgrund der weiterführenden Konsolidierung von Materialien durch den Baulogistiker, der Anlieferung durch betriebseigene Elektro-LKW und der kontrollierten Horizontal- und Vertikalverbringung konnten auch Zeiten für Ablad- und Verbringtätigkeiten auf ein Minimum gesenkt werden. Der Einsatz von Elektro-LKW war aufgrund der Verfügbarkeit und des Neuigkeitscharakters nicht vorgängig vorgesehen, wurde aber in den Vorbereitungen zum Projekt als positiv bewertet und aufgenommen.

Aufgrund der relativ vielen Schnittstellen der Transportkette sind die durchschnittlichen Lieferzeiten länger als bei konventioneller Direktanlieferung. Auch die Arbeitsvorbereitung der Unternehmen ist essenziell für den Erfolg und den Baufortschritt. Dies wird allgemein von den Bauunternehmen akzeptiert, da hierbei eine deutliche Verbesserung der Termintreue und tendenziell auch der Baugeschwindigkeit erreicht wird.

Für die verkehrliche Belastung des gesamten Einzugsgebietes und der Zufahrtsstrassen durch Lieferfahrzeuge erschienen sich die oben genannten Massnahmen als sinnvoll zu bewahrheiten. Die Einbindung der Anwohner und die intensive Öffentlichkeitsarbeit durch den Auftraggeber bereits in frühen Phasen führte aus heutiger Sicht zu einer recht positiven Wahrnehmung des gesamten Bauablaufs. Auch die zur Verfügung gestellten Ansprechpartner konnten hier Anwohnerbedenken ernsthaft und glaubwürdig prüfen und auf Probleme qualifiziert reagieren. Grundsätzlich sollte gerade eine Vermeidung von LKW-Transportfahrten den Anwohnern zugutekommen, diese messen jedoch die Fahrzeug- und Lärmbelastung nicht an der potentiellen Beeinträchtigung, sondern an der Situation vor den Bauarbeiten.

Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten konnte festgestellt werden, dass die komplette Baulogistik inklusive dem Konsolidierungslager und den betriebenen Elektro-LKW gerade einmal mit etwa 1,2 % der Gesamtbaukosten zu Buche schlug.

Wie die Wirtschaftlichkeit für die beteiligten Bauunternehmen ist, kann nur schwer abgeschätzt werden. Beteiligte Unternehmen gaben hier in einer Umfrage an, dass sich durch die Vorfertigung und professionelle Baulogistik die Effekte im Hinblick auf Zeitmanagement, Abfallreduktion, im Personaleinsatz und in der Präzision der Arbeiten erheblich verbessert haben. Zitat: „Die räumliche Nähe und der Austausch mit anderen Gewerken hat dazu geführt, dass wir uns gegenseitig ausgeholfen haben und ich wage zu sagen – es hat aufgezeigt welches Potenzial in einer gewerkeübergreifenden Zusammenarbeit noch verborgen liegt.“ Auch eine beteiligte Heizung-Sanitär-Klima (HLKS) Unternehmung konnte durch Vormontagen hier eine Reduktion der Durchlaufzeiten von 50 % und damit einhergehend eine Kostenreduktion von bis zu 20 % erzielen. Auch aus Sicht des Bauherrn kann eine deutliche Rentabilität des Baulogistikkonzepts festgestellt werden, da sämtliche Ziele in Kosten, Zeit, Qualität, Sicherheit und Nachhaltigkeit erreicht sind und das Bauprojekt trotz den gegebenen Bedingungen im Zeitplan ist.

Mitarbeiter, Baustoffe und Baugeräte sind zum passenden Zeitpunkt am richtigen Ort

Alles zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, in der richtigen Menge. Übertragen auf die Baulogistik bedeuten diese logistischen Grundsätze nichts anderes wie Mitarbeiter, Baustoffe und Baugeräte sind zum passenden Zeitpunkt am richtigen Ort, um den Baufortschritt nicht zu gefährden. Das Grossprojekt „pRed“ zeigt einmal mehr auf, wie die Gestaltung einer zentralen Logistik Bauabläufe optimiert, die Auslastung von Fahrzeugen und Geräten steigert und Unternehmen miteinander verbindet. Eine effektive Baulogistik erfordert klare Strukturen und durchgängige Abläufe. Hierbei übernimmt die IT eine Schlüsselrolle in der Integration der Baulogistik in die Bauablaufplanung. Die Nutzung eines prozessorientierten Logistiktools, dass Informationen in Echtzeit darstellen kann ist essentiell für die erfolgreiche Umsetzung und damit einhergehenden Kosteneinsparung in der operativen Abwicklung.

Durch die Bündelung der Transporte und die Kommissionierung von Waren kann die Logistik nicht nur zielgerichtet Fahrzeugbewegungen einsparen, sondern auch termingerecht an die Verwendungsstelle liefern und somit Wartezeiten vermeiden. Die durch die Logistik zentral gesteuerte Abladeverfahren, die horizontal und vertikal durchgeführten Materialverbringungen führen zu einer grossen Entlastung der Bauunternehmen im Materiallieferprozess. Diese können ihre sonst aufzuwendenden Logistikzeiten für wertschöpfende Tätigkeiten einsetzen und somit positive Effekte in Richtung Bauzeitverkürzung erzielen.

Der Einsatz einen vorgelagerten Konsolidierungslagers brachte nicht nur eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen den Bauunternehmern hervor. Auch die Wertschöpfungskette aller Beteiligten Akteure konnte sich hier trotz geopolitischer Unsicherheiten und volatiler Lieferketten positiv entwickeln. Zur Erreichung von Verkehrspolitischen und ökologischen Zielen scheint sich hier der Einsatz von Konsolidierungslagern als sinnvoll zu gestalten. Sollte es gelingen ein Konsolidierungslager zur Versorgung mehrerer Baustellen im Stadtgebiet einzusetzen werden sich die genannten Effekte vervielfachen und den wirtschaftlichen Nutzen weiter steigern. Als tiefgreifende Veränderung im Bauablauf kann hier auch die Vorfertigung von Bauteilen angesehen werden, die zunehmend positiven Einfluss bei komplexen Projekten haben wird.

Die Baustelle von der Seite in den letzten Zügen vor der Fertigstellung.

Baulogistik bringt Vorteile für Bauunternehmen und Bauherren

Bauunternehmen und Bauherrn haben viele Chancen mit einer professionellen, zentral organisierten Baulogistik direkt und kurzfristig Vorteile in ihrer Wertschöpfungskette zu realisieren. Moderne Baukonzepte können unter Einbezug makroökonomischer Massnahmen dabei helfen, auch in dicht besiedelten Gebieten die gemeinschaftliche Arbeits- und Lebenswelt attraktiver, nachhaltiger und wirtschaftlicher zu gestalten. Somit wird die Baulogistik zur Chance für Bauunternehmen und immer mehr zum Wettbewerbsfaktor für die erfolgreiche Durchführung von Bauprojekten.

Informationsquellen:

Britz, A. (11 98). Grossbaustelle Berlin: Stadt- und Verkehrsverträglich? Innovative Baustellenlogistik für den Potsdamer Platz. Internationales Verkehrswesen, S. 560-562.

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Rösch, P. (07-08 2007). Baulogistik verbindet Baubetrieb und Betriebswirtschaft. Bauwirtschaft, S. 49 ff.

SB+IB, C. M. (2020). Projekthandbuch Ausführung. Basel: F.Hoffmann – La Roche AG.

Schach, P. D.-I., & Schubert, D.-I. N. (14. 09 2010). Baulogistik als Wettbewerbsfaktor. (G. Switzerland, Hrsg.) Bern. Abgerufen am 10. 06 2022 von https://www.gs1network.ch/schwerpunkt/2010/baugewerbe/item/95-baulogistik-als-wettbewerbsfaktor.html

Weishaar, N. (03. Juni 2019). Baustellenlogistik gegen Quartierverkehr. (D. M. GmbH, Herausgeber) Abgerufen am 09. August 2022 von www.baublatt.ch: https://www.baublatt.ch/kommunal/smart-suisse-intelligente-baustellenlogistik-gegen-quartierverkehr-26381

Weishaar, N., Koerber, Y., & Kukasch, M. (2021). Smarte Baulogistik schont die Umwelt und das Budget. Baustelle Roche „pred“. (G. S. Award, Hrsg.) Basel. Abgerufen am 10. 01 2023 von https://www.youtube.com/watch?v=GQQWiAFESGU

Die Autoren

Nick Weishaar,

Direktor Baulogistik

https://www.linkedin.com/in/nick-weishaar1977

Marius Kukasch,

Senior Project Manager bei F. Hoffmann-La Roche AG

www.roche.ch

https://www.linkedin.com/in/marius-kukasch-491b5393/

Fotos/Grafiken © Roche / Legende Titelbild: Die Grossbaustelle der Roche in Basel von oben

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