Startseite RubrikenExpertenrunde Indien: Der grosse Wachstumsmarkt für Logistik und Supply Chain

Indien: Der grosse Wachstumsmarkt für Logistik und Supply Chain

von Andreas Müller

Wenn die Lieferketten hinterfragt werden und sich die Einsatzfelder für Logistikdienstleister verschieben, dann bleibt die Frage, wo gibt es noch Möglichkeiten, um zu expandieren. Einer dieser Märkte ist Indien, wo noch sehr viel Entwicklungspotential vorherrscht. Dieser Markt ist unabhängig von der Entwicklung der Lieferketten immer eine interessante Option.
Lesen Sie wie die junge Inderin Vartika Chaturvedi, eine ambitionierte Logistikerin, diese Möglichkeiten in ihrem Heimatland in einem groben Abriss einschätzt. Indien wird China bevölkerungsmässig einholen, wenn auch noch lange nicht volkswirtschaftlich. Das Wachstumspotential ist riesig, selbst wenn es momentan durch die Coronakrise, wie überall stark gebremst wird.

Von: Vartika Chaturvedi

Mit der Einführung von Steuerreformen wie der „Goods and Services Tax“ (GST), sowie erhöhten Staatsausgaben für die Infrastruktur und der Lockerung von ausländischen Direktinvestitionen (FDI) hat die derzeitige indische Regierung viele Maßnahmen umgesetzt, um internationalen Firmen, also auch Logistikdienstleistern, den Zugang zum indischen Markt zu erleichtern.

Die indische Regierung startete 2014 das Programm „Made in India“, um Indien zum weltweiten Produktionszentrum zu machen und führte obligatorische landesweite Lieferketten-Reformen und viele Investitionsanreize für weltweite Hersteller ein. Durch die von der Regierung umgesetzte Vereinheitlichung des Steuersystems sind die unterschiedlichen Steuermodelle der verschiedenen Bundesstaaten verschwunden, was die bisherigen Verzögerungen und Überkapazitäten beim Transport von Gütern reduzierte und internationalen Playern einen klaren und übersichtlichen Weg ebnete.  Dies hatte zur Folge, dass zum Beispiel das französische Unternehmen FM Logistics 2018 Spearhead Logistics mit Sitz in Pune erwarb und im selben Jahr mehr als 8 Millionen USD investierte und weitere Investitionen in Höhe von 46 Millionen USD zur Errichtung von Lagerhallen in ganz Indien plante.

Indien hat derzeit 11 größere Häfen an den drei Seiten der Halbinselregion des Landes, von Kandla im Westen, zu Kochi im Süden und Haldia im Osten. Die Häfen des Landes fertigen 95% des landesweiten Handelsvolumens ab.  Die Regierung hat nun 100 Prozent FDI für den Bau und die Instandhaltung von Häfen erlaubt. Dies führte dazu, dass das im Besitz von Dubai befindliche Unternehmen DP World 2019 gemeinsam mit dem indischen National Investment and Infrastructure Fund 3 Milliarden USD in mehrere See- und Binnenhäfen investierte.

Das Strassennetz wird massiv ausgebaut

Der Last-Mile-Bereich war dabei die Top-Priorität der Regierung, da deutlich wurde, dass der Eisenbahntransport mit den riesigen Handelsvolumina nicht fertig wird. Nationale Fernstraßen haben von in Dubai ansässigen Investmentfirmen Investitionen von fast 9 Milliarden USD erhalten, und die Regierung hat bereits Frachtkorridore durch 15 wichtige Bundesstaaten in ganz Indien errichtet, um die Fahrtzeit zu verringern und den Firmen eine hochwertige Infrastruktur zu bieten.

Das Programm der Free Trade Warehousing Zone (FTWZ) der indischen Regierung in der Nähe großer Städte wie Delhi, Mumbai und Chennai und auch Anreize wie der zollfreie Import von Baumaterial und Ausrüstung haben die Aufmerksamkeit vieler Investoren erregt und bereits zu Buche geschlagen.

Die indische Regierung erkannte, dass, wenn Indien der globale Produktionsknotenpunkt werden sollte, schnelle, nachhaltige und langfristige Änderungen in der Infrastruktur des Landes notwendig sind, um den Firmen einen reibungslosen und termingerechten Transport zu ermöglichen.

Der E-Commerce boomt

Internationale und nationale E-Commerce-Giganten wie Amazon und Flipkart haben zur steigenden Beliebtheit von externen Logistikdienstleistern (3PL) in Indien beigetragen. 3PL bieten günstigere Lösungen bei End-to-End-Lieferungen für alles, angefangen von Lebensmitteln, Elektronik über Schönheitsprodukten bis hin zu Bekleidung und Schuhen.  Für 2020 werden Indiens B2C-Geschäftsabschlüsse auf 100 Milliarden USD und die B2B-Geschäftsabschlüsse auf 700 Milliarden USD geschätzt, damit stellt der indische Markt ein riesiges Potential für diverse 3PL-Unternehmen dar.

Auf dem indischen Markt gibt es viele Firmen, die bei der Wahrung der Gewinnspanne unter Druck stehen. Viele von ihnen streben danach, strategische Beziehungen zu führenden ausländischen Anbietern aufzubauen. Firmen mit hocheffizienten Beschaffungsraten und Logistiktochtergesellschaften verzeichnen ebenfalls eine steigende Nachfrage von indischen Produktionsfirmen.

Indien hat derzeit zwei große Logistikunternehmen, die für die größten E-Commerce-Sites Indiens arbeiten. Der logistische Bedarf von Amazon wird von Delhivery abgedeckt, wohingegen Flipkart seine eigene Logistiktochter eKart schuf, um den Anforderungen in punkto Logistik und Warenlager gerecht zu werden. Die Erweiterung des indischen Marktes kann man daran erkennen, dass alleine eKart 10 Millionen Sendungen pro Monat liefert und Delhivery 2019 eine Finanzierung von 413 Millionen USD von Softbank beschafft hat und seine Kapazitäten auf eine Auftragsverarbeitung von 1 Millionen Aufträgen pro Tag steigern konnte.

Damit wird es auch notwendig, dass wir uns mit anderen Faktoren wie dem Besitz und der Entwicklung von Immobilien, der Mitarbeiterrekrutierung in Indien und dem Verfahren zur Suche nach einem Unternehmen in Indien befassen, um einen vollständigen Überblick über den indischen Markt zu erhalten.

Der Kauf von Immobilien in Indien bleibt für gebietsfremde Personen schwierig, aber für Unternehmen wurden die Vorschriften gelockert. Wenn ein ausländisches Unternehmen eine Tochterfirma in Indien errichten möchte, kann das Unternehmen Immobilien erwerben, die für die Geschäftstätigkeit benötigt werden, also zum Beispiel Logistikzentren. Für eine reine Repräsentanz können keine Immobilien erworben werden.

Motiviertes und gut ausgebildetes Personal

Obwohl dies komplex erscheinen mag, ist die Registrierung eines ausländischen Unternehmens in Indien relativ einfach geworden, Bürokratie wurde abgebaut.

 

Mit einem starken erwerbstätigen Bevölkerungsanteil von 400 Millionen Menschen, die fast 40% der Bevölkerung des Landes ausmacht, haben indische Arbeitnehmer viel zu bieten. Bevölkerungsprojektionen zeigen, dass Indien im Jahr 2020 ein Durchschnittsalter von 29 Jahren bei den Werktätigen haben wird, verglichen mit 37 Jahren in China und den USA und 45 Jahren in Westeuropa, was es zu einem der jüngsten Länder der Welt macht. Die indische Jugend ist seit vielen Jahren eine Quelle qualifizierter Arbeitskräfte für den Weltmarkt, was vor einigen Jahren zu einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften im Land selbst führte. Aber mit der Zeit und den steigenden Löhnen kehren indische Fachkräfte in das Land zurück, um zum Wachstum der indischen Wirtschaft beizutragen, das von ausländischen Unternehmen genutzt werden kann.

Ergänzt werden diese Stärken durch die positiven Prognosen des indischen Logistiksektors, der bis 2025 voraussichtlich um 10,5% jährlich wachsen wird. Mit den gestiegenen Investitionen in die Infrastruktur und dem Eintritt internationaler E-Commerce-Giganten in Indien Indien bleibt ein riesiger Markt für Logistikunternehmen.

Die indische Bevölkerung ist zu einem der größten Märkte für E-Commerce geworden, was wiederum eine qualitativ hochwertige Lieferkette, Lagereinrichtungen und Logistikunternehmen erfordert, um die Kunden zufrieden zu stellen. Mit den Schritten der Regierung und dem riesigen Markt indischer Käufer und Nutzer bleibt der indische Markt bis zu seinem höchsten Potenzial noch unerschlossen und könnte für viele Unternehmen ein großer Markt sein.

Wachstumsmarkt Indien

Angesichts der Handelskriege und des politischen Misstrauens zwischen anderen großen Fertigungsländern kann Indien als große Chance für viele Unternehmen angesehen werden, in Indien zu investieren. Mit dem gut ausgebildeten Personal und verschiedenen politischen Maßnahmen zur Förderung Indiens als nächstem Produktionszentrum steigt das Potential, dass Indien einer der grössten Märkte für Logistik und Supply Chain wird. Es lohnt sich also, diesen Markt im Auge zu behalten, ob als Ausgangspunkt für die Lieferketten oder als reiner Inlandmarkt.

Fotos: Adobe Stock  /  Bildlegenden (von oben nach unten): Titelfoto: Der Hafen Visakhapatnam, der zweigrösste von Indien / Bild 2: Der Hafen Kochi: Die Häfen sind die wichtigsten Güterverkehrsdrehscheiben in Indien und werden massiv ausgebaut. / Bild 3: In Indien gibt es viele motivierte junge Berufsleute, auch in der Logistik. 

Die Inderin Vartika Chaturvedi ist 1996 in Noida/Indien geboren und aufgewachsen.

Vartika hat ihren Bachelor in Arts mit Auszeichnung in Wirtschaftswissenschaften an einer führenden privaten Universität in Indien abgeschlossen und ist dann für ihren Master in International Business an der Grenoble Ecole De Management nach Berlin gegangen. Sie hat auch eine Dissertation über „Auswirkungen des Handelskrieges zwischen den USA und China auf die globale Transportindustrie mit Schwerpunkt auf der Luftfahrt- und Seeverkehrsindustrie“ geschrieben.

Vartika hat einen wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund und hat kürzlich ihren Master in International Business abgeschlossen. Sie verfügt über fundierte logistische Kenntnisse und möchte ihre berufliche Karriere im Supply Chain Management als Bedarfsplanerin im Einzelhandel beginnen.

LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/vartikachaturvedi

Ähnliche Artikel

Kommentar hinterlassen