Startseite LänderInternational IG AirCargo und Uni St. Gallen mit Studie Luftfracht Schweiz 2020

IG AirCargo und Uni St. Gallen mit Studie Luftfracht Schweiz 2020

von Redaktion Loginfo24

Die Luftfrachtlogistik-Studie Schweiz 2020 im Auftrag der IG AirCargo erstellt durch das Institut für Supply Chain Management Universität St. Gallen (Verantwortlich: Prof. Dr. Wolfgang Stölzle, Geschäftsführender Direktor und Ludwig Häberle, Projektmitarbeiter) ist soeben erschienen.

(Zürich/St. Gallen) Die Luftfrachtlogistik-Studie Schweiz untersucht die Bedeutung der Luftfrachtlogistik für die Schweizer Volkswirtschaft und beleuchtet die Leistungen der Akteure der Luftfrachtlogistik aus verschiedenen Perspektiven. Unter Berücksichtigung der Kundenperspektive wird deren Leistungsprofil im europäischen Vergleich mit Fokus auf die Themenschwerpunkte Luftfrachtmarkt, Digitalisierung, Klima und Umweltschutz sowie regulatorische Rahmenbedingungen dargestellt. Dies führt zu folgenden zentralen Erkenntnissen:

 

Luftfrachtmarkt & Trends

 Die Luftfracht eröffnet der Schweiz globale Absatzmärkte, wobei der Wirtschaftsstandort Schweiz massgeblich von einer guten Luftverkehrsanbindung profitiert. Mit der weiter zunehmenden Bedeutung der Überseemärkte Asien und Nordamerika ist die Luftfracht systemrelevant für die volkswirtschaftliche Entwicklung der Schweiz und trägt dabei entscheidend zur Sicherung von Wohlstand und Arbeitsplätzen bei. Nach Wert verliessen 50 % aller Exporte (CHF 157 Mrd.) im Jahr 2019 die Schweiz per Luftfracht. Der Wertanteil von 82 % aller Exporte im Interkontinental-Transport betont die hohe Relevanz des Verkehrsträgers Luftfracht für die Erschliessung interkontinentaler Märkte.

Der hohe Durchschnittswert von CHF 1 413 pro Kilo im Export im Jahr 2019 gilt als zentrales Charakteristikum des Verkehrsträgers Luftfracht in der Schweiz. Dabei ist der Tonnageanteil der Luftfracht im Export und Import mit unter 1 % sehr gering. Bei nahezu konstantem Luftfrachtaufkommen an den Schweizer Flughäfen über die letzten zehn Jahre ist der durchschnittliche Wert der per Luftfracht abgewickelten Exporte (+ 43 %) und Importe (+57 %) gestiegen. Bei den Industriegütern hat die Relevanz chemisch-pharmazeutischer Produkte mit 47 % aller Luftfrachtexporte in den letzten Jahren weiter zugenommen. Auch Maschinen, medizinische Produkte und Uhren sind wichtige Exportgüter der Schweizer Luftfracht. Eine Besonderheit des Luftfrachtstandortes Schweiz stellt der mit 70 % hohe Anteil an Fracht auf Passagierflügen dar. Während die Exportindustrie durch die Kombination aus Fracht- und Passagierangebot von einem dichten Flugnetz profitiert, sichern sich Fluggesellschaften mit Start- / Zieldestination an Schweizer Flughäfen insbesondere auf Langstreckenflügen eine höhere Rentabilität dieser Flüge.

Kundenperspektive

Luftfrachttransporte werden gemeinsam durch Verlader, Spediteure, Fluggesellschaften sowie Ground Handling Agents durchgeführt und sind eng mit Zoll-, Sicherheits- sowie weiteren Behörden verknüpft. Aufgrund der Komplexität luftfrachtlogistischer Prozessketten übernehmen meist spezialisierte Luftfrachtspediteure im Auftrag von Verladern die Organisation und Abwicklung der Prozesse. Dadurch gilt es, im Rahmen von Kundenanforderungen insbesondere die Perspektive von Spediteuren zu berücksichtigen. Kurze Transportzeiten über lange Distanzen, hohe Sicherheitsstandards für die Fracht sowie eine ausgeprägte Zuverlässigkeit durch exakt geplante Transportprozesse stellen hier aus Kundensicht entscheidende Kriterien für die Nutzung der Luftfracht als Transportmittel dar. Über 75 % der Schweizer Spediteure wickeln die Luftfracht mehrheitlich über Schweizer Flughäfen ab. Durch die gute Verbindung mit dem Schweizer Markt über regelmässige Road Feeder Services bieten Megahubs im europäischen Umland eine attraktive Alternative und stellen eine direkte Konkurrenz für den Luftfrachtstandort. Im internationalen Vergleich werden die drei Schweizer Landesflughäfen für ihre Schnelligkeit und Zuverlässigkeit sowie für ihre hohen Sicherheitsstandards geschätzt.

Aufgrund der hochwertigen Produkte in der Schweizer Luftfracht ist eine entsprechende Infrastruktur für Spezialgüter wie Wertfracht, temperaturgeführte und verderbliche Güter ein wesentlicher Erfolgsfaktor für den Luftfrachtstandort. Eine Herausforderung liegt im hohen Kostenniveau der Schweiz, vor allem bei arbeitsintensiven Prozessschritten. Darunter leidet die Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Luftfrachtlogistik gegenüber anderen europäischen Flughäfen. Um den Nachteil der hohen Kosten zu kompensieren, kann sich die Schweiz im europäischen Vergleich insbesondere über Qualität differenzieren. Der Digitalisierung der Luftfrachtlogistik kommt hier strategisch eine entscheidende Rolle zu. Angesichts der komplexen Prozessketten bietet die Nutzung integrierter Plattformen mit einheitlichen Standards das Potenzial zur papierlosen Sendungsabwicklung und nahtlosen -überwachung.

Digitalisierung

In Bezug auf Digitalisierung stellen die Steigerung der Transparenz und ein höherer Automatisierungsgrad in der Sendungsabwicklung zentrale Ansätze in der Luftfrachtlogistik dar, wobei insbesondere technologische Trends wie künstliche Intelligenz und Blockchain das Potenzial aufweisen, in kurzer Zeit strukturell grosse Veränderungen zu bewirken. Manuelle, papierbasierte Prozesse bringen derzeit einen erheblichen administrativen Mehraufwand mit sich und schränken die Ressourcenplanung sowie die Datenqualität für alle Akteure ein. Papierlose Abfertigungsprozesse werden von 69 % der befragten Spediteure als wichtig bis sehr wichtig eingestuft. In einem fragmentierten Markt ohne dominierende Marktteilnehmer gestaltet sich die Durchsetzung branchenweiter Standards herausfordernd. Mit der Initiative ONE Record schwenkt die IATA von der dokumentzentrierten auf eine daten- und prozesszentrierte Luftfrachtlogistik um, sodass der elektronische Datenaustausch «end-to-end» gefördert wird. Die übergreifende Integration aller Akteure bietet im Vergleich zu isolierten Lösungen Effizienzvorteile in der logistischen Gesamtbetrachtung. Die überschaubare Anzahl an Akteuren und der damit kleine Schweizer Markt bieten international gute Chancen, die Digitalisierungspotenziale branchenweit umzusetzen und integrierte Plattformen für den Einschluss aller Akteure aufzubauen.

Klima und Umweltschutz

Die kommerzielle Luftfahrt steht im Jahr 2018 für 2,4 % der globalen CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Davon sind etwa 19 % der Luftfracht zuzuordnen. Mit 5,35 Millionen Tonnen emittierten CO2-Äquivalenten lagen die Luftverkehrsemissionen im Jahr 2017 bei rund 10 % der gesamthaften CO2-Emissionen der Schweiz. Aufgrund des steigenden Anteils des Luftverkehrs an den globalen CO2-Emissionen und des prognostizierten weiteren Anstiegs kommt der Branche eine besondere Bedeutung zur Erreichung der internationalen Klimaschutzziele zu. CO2 besitzt die stärkste Klimawirkung aller Luftverkehrsemissionen, da es nicht nur den höchsten Emissionsanteil bei der Verbrennung von Kerosin verursacht, sondern auch mehrere Jahrzehnte in der Atmosphäre verweilt. Neben den CO2- Emissionen müssen auch die Klimawirkungen von «Nicht-CO2-Emissionen» wie Stickoxid, Schwefeldioxid, Kohlenwasserstoffe und Russpartikeln berücksichtigt werden.

Die Vier-Säulen-Klimaschutzstrategie der IATA bietet langfristig effektive Ansätze zur Reduktion der Luftverkehrsemissionen, wobei technologische Innovationen die grösste Wirkung versprechen. Die politische Förderung alternativer Treibstoffe stellt für die Schweiz einen Ansatzpunkt dar, um einen Beitrag zur ökologisch nachhaltigen Entwicklung der Luftfahrt zu leisten. Der Transport im Flugzeug verursacht pro Kilometer im Vergleich zu allen anderen Verkehrsträgern den bei weitem grössten CO2-Ausstoss. Da der Transport von Luftfrachtsendungen in Verbindung mit vor- und nachgelagerten Transporten auf der Strasse abgewickelt wird, ist der ökologische Fussabdruck einer Luftfrachtsendung gesamthaft zu betrachten und nicht allein auf den Transport im Flugzeug zwischen zwei Flughäfen zu reduzieren.

Regulatorische Rahmenbedingungen

Die Schweizer Luftfrachtlogistik profitiert weltweit von umfangreichen Luftverkehrsrechten, wodurch die Schweiz im internationalen Vergleich für ihre Grösse eine sehr hohe Luftverkehrsanbindung aufweist. Eingeschränkte Betriebszeiten sowie die limitierte Erreichbarkeit der Schweizer Flughäfen durch das Nacht- und Wochenendfahrverbot für Lkws sowie das Nachtflugverbot stellen insbesondere im Hinblick auf den internationalen Standortwettbewerb mit anderen europäischen Flughäfen eine Herausforderung für die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Luftfracht dar. Als Reaktion auf die COVID-19 Krise im Jahr 2020 wird die Studie um einen Exkurs zum Fokusthema Luftfracht in Krisenzeiten erweitert, um relevante Auswirkungen auf die Luftfrachtlogistik zu erfassen und Aussagen über den Umgang der Branche mit der Krise zu treffen.

Luftfrachtlogistik-Studie Schweiz 2020

Foto: © IG AirCargo Switzerland

www.igaircargo.ch

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