Startseite WasserBinnenschifffahrt Hinterlandverkehre bilden den Schluss der labilen Lieferketten
Von den unstabilen Lieferketten sind innerhalb der Logistik vor allem die Seefracht und infolgedessen auch die Anbieter von Hinterlandverkehren betroffen, seien es die Binnenreedereien oder die Operateure von intermodalen Bahnverkehren. Ist ein Container aus Fernost dann endlich im europäischen Hafen griffbereit, dann eilt es, auch wenn die Ware vorher wochen- oder gar monatelang verspätet unterwegs war. Bei den Binnenreedereien und den Bahnen ist daher eine hohe Flexibilität gefragt. Diese spielen auch eine Rolle bei künftigen Nachhaltigkeitsstrategien.

Von Andreas Müller

(Basel/Rorschach) Im Prinzip seit dem ersten Tag der Corona-Pandemie in China Ende 2019/Anfang 2020 sind die Lieferketten ins Stocken geraten. Die strikte Zero-Covid-Strategie der Chinesen hatte zum ersten Mal von März bis Mai 2020 verheerende Folgen in erster Linie für die Seefracht. Die Häfen in China waren dicht, andere Länder in Fernost folgten dem Beispiel. Endlich waren die Häfen wieder offen und die Schiffe fuhren wieder, stauten sich die Containerschiffe vor und in den europäischen Häfen. Teilweise trafen die Schiffe auf die Lockdowns in Europa, was da wieder zu grossen Verzögerungen führte.

Die Containerschiffe wurden knapp und die Seefrachtraten stiegen aufgrund der bleibenden Nachfrage ins Unermessliche. Waren es vor Corona für die Strecke China – Europa noch ca. USD 1’500 für einen Container, so erreichten die Preise bis zu USD 15’000 für ein und dieselbe Dienstleistung. Für die Übersee-Reedereien brachen goldene Zeiten an. Zugegebenermassen mussten diese eine jahrelange Durststrecke überstehen, was ein Schrumpfen der Branche zur Folge hatte.

„Den Letzten beissen die Hunde“

Ist dann ein Schiff endlich in einem europäischen Hafen leer geworden und die entsprechenden Container griffbereit, kommen die Intermodaloperateure ins Spiel. Und plötzlich wird es eilig, kommt es auf jeden Tag drauf an, nachdem die Ware um Wochen oder gar um Monate verspätet in Europa eintraf.

Die war auch ein Thema beim Supply Chain Innovation Day im schweizerischen Rorschach in der vergangenen Woche. Zunächst beleuchtete Nils Haupt (Senior Director Corporate Communications Hapag-Lloyd) die obige Problematik aus der Sicht einer betroffenen Seereederei.

Zwei Sessions im Anschluss daran, jeweils unter der Moderation von Prof. Dr. Wolfgang Stölzle (Direktor Institut für Supply Chain Management der Universität St. Gallen), beleuchteten die Thematik Hinterlandverkehre mit den Titeln:

Brennpunkt Seehafen-Hinterlandverkehre – Schwerpunkt Binnenschiffahrt

Diskussionsteilnehmer: Thomas Knopf (CEO Ultra-Brag), Florian Röthlingshöfer (Direktor Schweizerische Rheinhäfen), Andreas Stöckli (CEO Rhenus/Contargo Schweiz), Joachim Zimmermann (Geschäftsführer bayerhafen)

Brennpunkt Seehafen-Hinterlandverkehre – Schwerpunkt Schienengüterverkehr

Diskussionsteilnehmer: Désirée Bär (CEO SBB Cargo), Dr. Dirk Stahl (CEO BLS Cargo), Michail Stahlhut (CEO Hupag Intermodal)

Beide Verkehrsträger leiden seit den unruhigen Lieferketten teilweise unter den gleichen Themen. In erster Linie ist das eine erschwerte Übernahme der Container in den Seehäfen und somit auch eine erschwerte Planbarkeit. Die Mitarbeitenden stehen seit 2020 unter Dauerdruck und laufen am Anschlag, um den Kunden trotz den erschwerten Bedingungen einen bestmöglichen Service zu bieten.

Die Binnenschifffahrt musste in den letzten beiden Jahren im Sommer, besonders in diesem Jahr, zusätzlich noch mit Niederwasser kämpfen. Was bedeutete, dass noch weniger Ladung aufgenommen werden konnte. Auf die Bahn ausweichen war schwierig, denn auch dort ist seit 2020 jeder verfügbare Bahnwagen seit Monaten lange im Voraus verplant.

Erste Anzeichen weisen auf eine Beruhigung im 2023 hin

Nils Haupt zeichnete in seinem Referat auch auf, dass sich für 2023 vielleicht noch keine Normalisierung, aber eine Beruhigung bei der Seefracht abzeichnet. Dies würde dann automatisch auch für die Organisatoren von Hinterlandverkehren eine Phase der Normalisierung einläuten. Was vor allem für die Bahnen auch immer eine Normalisierung bedeutet, denn auch ohne Schwierigkeiten in der Supply Chain, warten in den nächsten Jahren einige Herausforderungen auf sie. Die Schieneninfrastruktur, vor allem in Deutschland, lässt zu wünschen übrig und es warten eine Vielzahl von Baustellen.

Die Schiene ist der Hoffnungsträger für eine nachhaltige Logistik

Die Intermodal-Operateure und somit auch die Bahnen, sind neben der Lieferkettenthematik auch der Hoffnungsträger für eine nachhaltige Logistik. Die Politik in Europa schreit nach einer Verlagerung auf die Schiene. Ungeachtet der Tatsache, dass auch hier die Strasse wieder agiler reagiert und eine Abkehr von den Verbrennermotoren mit Riesenschritten vollzogen wird.

Um den Bahnverkehr attraktiver zu machen, bräuchte es mehr Infrastruktur, um vor allem den Güterverkehr vom Personenverkehr zu trennen. Wenn man aber weiss, wie lange es dauert, bis auch nur ein Kilometer neue Schienen gebaut und betriebsbereit ist, dann ist abzusehen, dass der Strassenverkehr vorher emissionsfrei ist.

Was können die Bahnen, aber auch die Kunden kurzfristig tun?

In jüngster Zeit gibt es viele Start-ups, die mit Plattformlösungen mithelfen, denn Zugang zu intermodalen Verkehren zu vereinfachen, sprich zu digitalisieren. Sie ermöglichen eine klar strukturierte Auftragsabwicklung, eine Einbindung der Partnernetzwerke und Schnittstellen für die Vernetzung und machen die Abläufe transparent.

Diese modernen Plattformen verbinden Verlader; Speditionen, Bahnen, Operateure, Trucker und Terminals miteinander. Alle Beteiligten werden, sofern vernetzt, laufende über jeden Vorgang und jeden Schritt entlang eines Intermodaltransportes in Echzeit informiert.

Fotos: © Loginfo24

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