Startseite LänderDeutschland Die Materie Transportecht: Trocken – aber notwendig

Die Materie Transportecht: Trocken – aber notwendig

von Loginfo24 Redaktion
Rechtsfragen werden in der Logistik- und Transportbranche in Deutschland nach wie vor oftmals als undurchsichtig und bedrohlich betrachtet. Während die grossen Konzerne eigene Rechtsabteilungen unterhalten, tun sich die Mittelständler und Kleinbetriebe nach wie vor mit diesen Themen schwer. Andreas Fuchs ist Rechtsanwalt bei der Anwaltskanzlei ARNECKE SIBETH DABELSTEIN (ASD) in Frankfurt und hat sich auf den Bereich des Logistik- und Transportrechts spezialisiert. Im nachfolgenden Gespräch konnte Loginfo24 mit ihm über seine Erfahrungen aus der täglichen Praxis sprechen und einige Ratschläge an die Branche einholen. Andreas Fuchs wird künftig auf Loginfo24 und in den dazugehörenden Magazinen in unregelmässiger Folge über das Transportrecht berichten.

Von Andreas Müller

(Frankfurt/Main) Andreas Fuchs ist zugelassener Anwalt bei der Anwaltskanzlei ASD und hat sich auf das Transport-, Logistik-, Lager-, Speditions- und Luftfrachtrecht spezialisiert. Rechtliche Themen werden in vielen Firmen immer noch als lästiges Übel betrachtet, dabei entscheidet ein nachlässiger Umgang damit, ob man z.B. im Schadenfall viel Geld verliert oder im umgekehrten Fall auch nicht.

Loginfo24: Andreas Fuchs, täuscht der Eindruck oder wird der Bereich Recht bei vielen Logistikdienstleistern, Speditionen oder Transportfirmen immer noch stiefmütterlich behandelt?

Andreas Fuchs: Dieser Eindruck ist nicht falsch. Ich habe aber dafür als anwaltlicher Berater durchaus auch Verständnis. Für den Logistiker steht das operative Geschäft im Vordergrund und fordert den größten Teil der Aufmerksamkeit. Rechtliche Themen werden oft als überkomplizierte Belästigungen empfunden und mehr oder weniger verdrängt.

Ich sehe meine Aufgabe darin, die Branchenbeteiligten auf bestimmte Problembereiche und Lösungsoptionen aufmerksam zu machen, um im nächsten Schritt dann meine Unterstützung bei der Bewältigung dieser Herausforderungen anzubieten.

Reicht es heute noch aus, wenn die Logistikdienstleister auf Ihren Dokumenten den Satz „Wir arbeiten nach den ADSp, neueste Fassung“ anbringen?

Die ADSp 2017 enthalten eine Vielzahl praxisgeeigneter und auch ausgewogener Regelungen. Bei kleineren Aufträgen ohne besondere Anforderungen kann ein pauschaler Verweis auf diese Branchen-AGB durchaus eine geeignete Regelungsbasis darstellen. Dann aber, wenn besondere Anforderungen bestehen (spezielle Transportbedingungen, Zusatzleistungen etc.) und auf jeden Fall im Bereich der Kontraktlogistik, reichen diese Standardregelungen nicht aus, sondern ist eine Vielzahl von weiteren Faktoren zu regeln (Festlegung des Leistungsumfangs, Vergütung und Vergütungsanpassung, Laufzeit-/Kündigungsregeln, usw.). Da helfen schablonenhafte Standards nicht, sondern sind smarte Lösungen gefragt.

Wie können sich kleinere und mittelgrosse Firmen rechtlich gut absichern, ohne ein Vermögen dafür ausgeben zu müssen, resp. was ist die rechtliche «Grundausstattung», die jedes Unternehmen zwingend haben muss?

Zunächst einmal bin ich kein Freund von pauschalen Lösungen. Jedes Unternehmen hat seine Eigenheiten und besonderen Anforderungen, gerade auch in der vielfältigen Welt der Logistik.

Im Spannungsfeld zwischen oft hohen Warenwerten und einer eher geringen Vergütung sind regelmäßig die Themen Haftung/Versicherung wichtig. Ebenso wichtig sind praxisbezogene Leistungsbeschreibungen mit klarer Abgrenzung der wechselseitigen Verantwortungen, planungssichere Regelungen zur Vertragslaufzeit, Kündigung und Vergütung/Preisanpassung usw. usw.

Außerhalb der branchenspezifischen Themen sind als «Grundausstattung» beispielhaft zu nennen: ein rechtssicheres Impressum, eine geeignete Datenschutzerklärung (hohe Gefahr der Abmahnung), markenrechtliche Absicherung, Einhaltung der arbeits- und steuerrechtlichen Anforderungen usw.

Zu den Kosten: Das ist natürlich gerade bei kleineren Unternehmen ein wichtiges Thema. Oft reicht im ersten Schritt eine grobe rechtliche Risikobewertung aus der «Helikopterperspektive». Art und Umfang der Beratung kann engmaschig besprochen und umgesetzt werden. Das ermöglicht dem Mandanten eine jederzeitige Kenntnis und Steuerung der Rechtsberatungskosten.

Die Digitalisierung schreitet auch in der Logistikbranche rasant voran. Ändert das im Bereich Recht die grundlegenden Voraussetzungen und muss «nachgerüstet» werden? Ist inzwischen auch das Transportrecht digitalisiert?

Die Logistik digitalisiert sich kontinuierlich und in immer schnelleren Schritten. Die Digitalisierung hat auch die transportrechtliche Beratung in den letzten Jahren stark verändert und erweitert. Nicht umsonst haben wir als im Transport- und Logistikbereich führende Kanzlei mit einer eigenen Praxisgruppe für Digital Technology einen starken Fokus auf diesen wichtigen Bereich. Wir bieten sowohl massgeschneiderte juristische Beratung, als auch spezifische Legal Tech Lösungen, gerade auch für die Logistikbranche.

Transportrecht und Transportversicherung gehören untrennbar zusammen. Inwieweit beraten Sie in dieser Hinsicht Ihre Kunden?

Die unmittelbare inhaltliche Verknüpfung dieser beiden Bereiche besteht ohne Zweifel. Bei der rechtlichen Beratung zu Haftungsthemen gehört es zu meinem «Mantra» immer auch auf die Einbeziehung der betroffenen Versicherer und die notwendige Abstimmung mit diesen zu verweisen. Die versicherungsrechtliche Beratung der Branchenbeteiligten gehört zu den Kernkompetenzen von ASD.

Allerdings weise ich immer darauf hin, dass im Transportrecht trotz deren inhaltlichen Nähe die Themen Versicherung und Haftung separat bewertet werden müssen. Insbesondere kann eine Versicherung grundsätzlich keine geeigneten Haftungsregelungen ersetzen.

Mit dem guten alten Frachtvertrag war vieles geregelt, aber in der heutigen Zeit kommen so viele begleitende Faktoren dazu, wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Vorgaben bei den Klimazielen, etc.

Das stimmt, und ist gerade für die mittelständischen und kleineren Transportunternehmen eine große Herausforderung, die im vollen Alltag sozusagen noch «nebenher» miterledigt werden muss. Zu den Themen LkSG, ESG usw. berate ich die Branche sehr intensiv und praxisorientiert und habe hierzu eine Vielzahl von Webinaren und Vorträgen gehalten und Artikel veröffentlicht.

Es kommen diverse Anforderungen auch auf die kleinen und mittelständischen Logistikdienstleister zu, denen sich diese nicht entziehen werden können. Bei der Bewältigung dieser Anforderungen helfe ich gerne mit praxisgeeigneten Lösungen.

Aus der Praxis: Was war bisher der verrückteste Fall, in den Sie einbezogen wurden? Gibt es allenfalls auch noch eine Anekdote, wo Sie einen grossen Schaden verhindert haben?

Aufgrund der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht kann ich da nicht zu sehr ins Detail gehen. Ein Beispiel für die vollständige Verhinderung eines großen Schadens ist der aktuelle Fall eines Transportdienstleisters, der wegen angeblicher Nichtauslieferung von Sendungen in einem Gesamtvolumen von ca. EUR 800.000,00 in Anspruch genommen wurde, bis hin zu der Beantragung eines Mahnbescheids. Diese sehr bedrohliche Situation konnte noch außergerichtlich vollständig entschärft werden, ohne dass auch nur ein Euro gezahlt werden musste.

Zu den verrücktesten Anekdoten zählen Fälle, bei denen die US-Army versucht hat, Boden-Luft-Raketen über einen Paketdienstleister zu versenden, ein Lagerdienstleister den Begriff «chaotische Lagerhaltung» in der Praxis so ausgelegt hat, dass faktisch jedes eingelagerte Gut, wie in einem schwarzen Loch verschwunden ist und nicht mehr aufzufinden war etc. etc. Immer wenn man denkt, man hat im Berufsleben schon alles gesehen, wird man überrascht. Das macht den Job so abwechslungsreich und spannend.

Andreas Fuchs ist zugelassener Anwalt seit 1996 mit Sitz in Frankfurt/Main.

Er ist spezialisiert auf Transport-, Logistik-, Lager-, Speditions- und Luftfrachtrecht. Seit 2014 ist Fuchs Salary Partner bei der Kanzlei ARNECKE SIBETH DABELSTEIN.

Sein Profil auf der Webseite von ARNECKE SIBETH DABELSTEIN:

https://asd-law.com/anwalte/andreas-fuchs/

Sein Profil bei LinkedIn:

https://www.linkedin.com/in/andreas-fuchs-2376ab232/

Fotos: © Loginfo24/Andreas Fuchs

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