Startseite LänderDeutschland Die Logistik nach der Pandemie – Lehren und Lernen aus Corona

Die Logistik nach der Pandemie – Lehren und Lernen aus Corona

von Redaktion Loginfo24

(Dortmund) Expertengespräch zwischen Arnold Schroven, Vorstand des Club of Logistics e.V. und Mitglied der Logistikweisen und Sven Neumann, Inhaber der Beratungsgesellschaft impacts4u. Sie unterhalten sich über die Situation für die Logistik rund um die Coronakrise.

Von Sven Neumann

(Sven Neumann) Wie nehmen Sie die gegenwärtige Lage der Logistikindustrie wahr? Wie fällt Ihre Bestandsaufnahme aus?

(Arnold Schroven) International und national gibt es hier gravierende Unterschiede. Während global die Logistikindustrie stark leidet, ist in Deutschland die Situation differenzierter zu betrachten. Die größeren Marktplayer kommen recht unbeschadet durch diese Phase, während kleinere Speditionen und Subunternehmen mit Auslastung und ihrer Wirtschaftlichkeit an Ihre Grenzen stoßen. Diese kleineren Unternehmen haben nicht große Rücklagen in der Vergangenheit bilden können; daher wird es allmählich eng, wenn die Wirtschaft nicht schnell in Tritt kommt.

Worin liegen die Gründe hierfür?

Zurückzuführen auf die veränderte Nachfrage- und Wettbewerbssituation seit dem Shutdown im März dieses Jahres. Die Angst vor geringeren Auftragsvolumen, der Wegfall von Kunden bis hin zu keiner wirtschaftlichen Auslastung führt zu Panikreaktionen in der Preisstellung, ja sogar Niedrigpreisen, die einen ruinösen Preiskampf auslösen. Getreu dem Motto: lieber ein kleiner Umsatz als keiner. Natürlich in erster Linie vor dem Hintergrund, dass die Fixkosten nicht schnell genug angepasst werden können.

Wie sehen Ihre Lösungsansätze aus?

Diese Spirale muss unterbrochen werden. Wir in der Logistikindustrie müssen uns gemeinsam stark machen für marktkonforme Preise. Die Branche muß Geld verdienen um die anstehenden Strategieänderungen von Globalisierung, Wachstum und digitaler Effizienz bewältigen zu können.

Auf was müssen wir uns einstellen?

Es ist abzusehen, dass B2C eine andere dauerhafte Bedeutung haben wird und nicht mehr auf das Niveau vor Corona zurückkehren wird. Die komplikationslose Bestellung und Lieferung haben den Verbraucher vollends überzeugt. Er genießt diesen Zustand. Lebensmitteln und Drogeriemarktartikel zählen sicherlich zu den Gewinnern dieser Zeit.

Wo es Gewinner gibt, gibt es sicherlich auch Verlierer?

Ja und diese finden wir auf der Seite des stationären Handels mit Auswirkungen auf die Flächennutzung in unseren Städten. Hier ist sicherlich die Logistikindustrie gefordert kooperativ mit den Stadtentwicklung zu kollaborieren. Neue Konzepte müssen die Attraktivität der Innenstädte wiederherstellen, ansonsten findet eine langsame Verödung statt.

Sie sprechen das Ökosystem Stadt an. Wo sehen Sie konkret Anknüpfungspunkte für die Logistik?

Logistik 4.0 oder SmartLogistik setzt hier an. Wir müssen gemeinsam An- und Ablieferungsvorgänge erarbeiten und hierbei auch die Veränderung bzw. Umverlagerung von Flächen berücksichtigen. Die innerstädtischen Belieferungen müssen grundsätzlich sichergestellt werden. Natürlich müssen Zeitfenster und Zustellfahrzeuge flexibel und passend zur konkreten Stadtsituation variabel sein. Einige internationale Pilotprojekte haben schon gezeigt, wo die Reise hingeht.

Gehen Sie soweit, dass auch das Startup Ökosystem hier einbezogen wird?

Auf jeden Fall. Hier gehören die Wirtschaft ob „jung oder alt“,die Wissenschaft und vor allem die Zivilbevölkerung einer Region mit an den Tisch um die Zeit nach Corona zu verändern.

Abschließend interessiert mich die Integration und Interaktion mit den Behörden bzw. der Regierung. Welche Erwartungshaltung haben Sie dort?

Gut, dass Sie das ansprechen. In der aktuellen Situation geht es auch um monetäre Partizipation. Unterschiedliche Förderprogramme, auf die ich nicht weiter eingehe, existieren und sind notwendig. Aus den Erfahrungen der letzten Wochen zum Thema BAFA erwarte ich jedoch auch hier mehr Struktur und Vorgaben, dass diese im Grundsatz sehr gut ausgerichteten Programme auch da ankommen, wo Sie gebraucht werden.

Fotos: © Arnold Schroven/Sven Neumann – Bildlegende: Arnold Schroven (links) und Sven Neumann (rechts)

Arnold Schroven

Seit 1992 bekleidete Arnold Schroven Positionen im Top-Management von DPD. Geschäftsführer prägte er mit seiner langjährigen und umfassenden Branchenkenntnis die Entwicklung des internationalen DPD Netzwerks in den Bereichen Franchise Development, Operations, IT-Systeme und strategisches Key Account Management.

Neben unterschiedlichen ehrenamtlichen Engagements gründete Arnold Schroven mit anderen Unternehmern der Logistikbranche den Club of Logistics e.V., dessen 1. Vorsitzender er seit dem Jahr 2005 ist. Arnold Schroven wurde 2014 in den Rat der Logistikweisen berufen, welcher das Bundes-Verkehrsministerium berät. Hier arbeitet er nach wie vor aktiv mit.

Sven Neumann

Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft impacts4u, die sich auf Unternehmenstransformation im Zeitalter der Disruption spezialisiert hat.

Gleichzeitig engagiert er sich als Dozent und Lehrbeauftragter an ausgewählten privaten Hochschulen für die Ausbildung des kreativ und innovativ denkenden Nachwuchses im Thema Unternehmensführung und Gründung. So leistet er seinen Beitrag und stellt den Wissenstransfer innerhalb der Generationen sicher.

Zuvor war er kaufmännischer Geschäftsführer einer familiengeführten und weltweit operierenden Unternehmensgruppe der Gebäudeinstallationstechnik. In dieser Funktion hat er über Jahre maßgeblich zur Weiterentwicklung und Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens beigetragen. Mit heute mehr als 25 Jahren Erfahrung aus vielfältigen nationalen und internationalen Veränderungsprozessen ist Sven Neumann ein kompetenter Ansprechpartner.

www.impacts4u.com

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