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BVL steht in Krisenzeiten seinen Mitgliedern mit Tipps zur Seite

von Redaktion Loginfo24

Die Bundesvereinigung Logistik (BVL) hilft in Krisenzeiten seinen Mitgliedern und gibt, unter Mitwirkung von Branchenexperten, Tipps zu Logistikdienstleistungen für Warenströme in Zeiten von Corona. Dabei werden alle Verkehrsträger und auch die Kontraktlogistik beleuchtet. Ein nützliches Hilfswerk in diesen unberechenbaren Zeiten.

(Bremen, 26.03.2020) Vereinzelt findet man Dankesmeldungen in Social Media – an alle Lkw-Fahrer/innen, Post- und Paketbot/innen, Mitarbeiter/innen in Lebensmittelgeschäften, Apotheken, Verkehrsbetrieben und anderen Bereichen, die Politik und Gesellschaft als

„lebensnotwendig“ eingestuft haben, die also systemrelevant sind. Das ist motivierend für die Menschen, die in der Logistik tätig sind. In der Tat: Die Ver- und Entsorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs in unserem Land funktioniert gut. Logistiker in Industrie und Handel und Logistikdienstleister leisten wertvolle Beiträge zum Funktionieren unserer Gesellschaft und zur Versorgung der Bevölkerung – auch in Krisenzeiten.

Schon in „normalen“ Zeiten sind die Aufgaben nicht trivial und bedürfen einer Fachexpertise und einer perfekten Organisation. In Krisenzeiten treten zusätzliche Hemmnisse und Kostentreiber auf, die nur im Schulterschluss von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gemeistert werden können. Die Logistik insgesamt und die Kontraktlogistik sollten deshalb als systemrelevante Dienstleistungen angesehen werden und entsprechende Erleichterungen und Unterstützung erhalten.

Im Bereich der Gütermengen, der (Laderaum-)Kapazitäten sowie der logistischen Infrastruktur gibt es derzeit etliche Herausforderungen:

1.     Fehlende Mengen im europäischen Landverkehr

Es wird deutlich weniger produziert und folglich auch deutlich weniger transportiert. Das Stückgutgeschäft im Europäischen Landverkehr ist ein durch Fixkosten getriebenes Geschäft. Die Hauptläufe zwischen den regionalen Umschlagbetrieben (jedes Netzwerk in Deutschland umfasst etwa 40 davon) und den europäischen Destinationen müssen weiter aufrecht erhalten bleiben, ansonsten würden sich die Laufzeiten extrem verlängern. Der Fixkostenanteil pro Sendung steigt also, Stückgut wird, nicht nur in Europa, sondern auch national in Deutschland teurer. Nach der Krise wird sich ein neues Gleichgewicht bilden.

2.     Weniger Warenströme in Spezialnetzen

Neben den Stückgutnetzen gibt es Spezialnetze, beispielsweise für empfindliche Waren, Pharmazeutika und IT-Geräte. Um sich vor Corona-Viren zu schützen, haben die meisten Verwaltungen ihre Eingänge für Fremdpersonal gesperrt. Der Einkäufer, dem das bekannt ist, bestellt nicht. Die anderen Besteller, die weiterhin ordern, verursachen Anlieferungen, die durch Probleme in der Zustellung deutlich mehr Zeit brauchen. Für Spezialnetze gilt also: weniger Volumen, trotzdem eine fixe Anzahl von Hauptläufen und problematischere Ablieferungen, somit wird die Logistikleistung teurer.

3.     Paketdienste

Die Paketdienstleister transportieren u. a. lebenswichtige Medikamente, Lebensmittel und dringend benötigte Ersatzteile, deren zuverlässige deutschland- und europaweite Zustellung gerade in einer Krisensituation essenziell für die gesamte Volkswirtschaft ist. Die Bedeutung von Paketdienstleistungen und einer funktionierenden Infrastruktur geht über die Versorgung mit Konsumgütern weit hinaus und betrifft materielle Grundversorgungsbedürfnisse.

Alle Paketdienstleister gewährleisten gemeinsam die universelle Paketversorgung. In Deutschland hat sich ein ausdifferenzierter Markt von Paketdienstleistern entwickelt, der seine Leistungsfähigkeit aus dem Wettbewerb der Unternehmen gewinnt. Die einseitige Unterstützung nur einzelner Unternehmen ist daher auszuschließen, wenn die Versorgung der Bevölkerung gewährleistet werden soll.

4.     Schiene

Auch die Schiene ist entscheidend, um logistische Abläufe sicherzustellen und die Systeme am Laufen zu halten. Zurzeit funktionieren Schienentransporte grenzüberschreitend weitgehend ohne Beeinträchtigungen. Die akute, situationsbedingte Verknappung an Lkw-Fahrern in Europa, Probleme für Lkw an den Grenzen sowie die hohe Sicherheit von Bahntransporten fördern die Nachfrage nach Kapazitäten im kombinierten Verkehr.

Ohne zu wissen, wie sich die Nachfrage in den nächsten Wochen und Monaten entwickeln wird, werden mit Notfallplänen neue, vielfältige Herausforderungen gemeistert. Dazu gehören z.B. auch die Sicherstellung von Unterkünften für Lokführer in Zeiten geschlossener Hotels sowie Fahrten zu Einsatzorten bei ausgedünnten Fahrplänen im Personenverkehr.

Doch auch auf der Schiene brechen Verkehre weg, wie jetzt durch die europaweiten Werksschließungen der Automobilindustrie sowie weitere umfangreiche Produktionsstopps diese Woche in Italien. Über 50% der Schienengüterverkehrsleistungen werden in Deutschland von einer Vielzahl mittelständischer Unternehmen erbracht. Bei geringen Margen sind die Unternehmen im Schienentransport auf eine sehr hohe Auslastung der Systeme angewiesen, da umfangreiche Infrastruktur und Anlagen vorgehalten werden müssen. Nicht nur die Basis für zwingend notwendige Investitionen, z.B. für die Digitalisierung des Systems Bahn, ist bedroht, die Lage kann sich für viele Firmen existenzgefährdend entwickeln. Die Reduzierung der Infrastrukturnutzungsentgelte, z.B. Kosten für Trassen und notwendige Abstellungen von Lokomotiven/Wagenparks, sowie der Entfall der EEG- Umlage würden unmittelbar zu einer spürbaren Entlastung der Unternehmen führen.
Besonderes Augenmerk muss der Funktionsfähigkeit der Terminals in Europa gelten. Hier ist unter Beteiligung der Branche und in Koordination mit anderen europäischen Infrastrukturbetreibern zu entscheiden, welche Standorte systemrelevant sind.

5.     Fehlende Mehrwegbehältnisse

Im Überseeverkehr fehlen Container im Wirtschaftskreislauf. Die Corona-Krise begann mit dem Jahreswechsel 2020 in China – die Asiaten sind Europa also drei Monate „voraus“. In diesen drei Monaten wurde Ware in Containern aus Europa und den USA nach China geschickt. Doch China produzierte viel weniger, folglich liegen in China nun 6 Millionen TEU Leer-Containerkapazität. Die fehlen hier in Europa bzw. im westlichen Handelsraum. Das Wiederherstellen der Parität wird Milliarden kosten.

6.     Fehlende Luftfrachtkapazität

Luftfracht ist für den Transport hochwertiger und zeitkritischer Güter im Überseehandel unverzichtbar. Auf diesen Handelsrouten wird die Hälfte der weltweiten Luftfracht als Belly-Freight (Gepäckraum-Fracht) in Passagiermaschinen befördert. Damit werden Synergien zwischen Passage und Cargo geschaffen. Da aktuell viele Passagierflüge gestrichen werden, fehlt diese Kapazität nun. Es müssen separate Transportmaschinen eingesetzt werden. Zum Ausgleich der fehlenden Gepäckraum-Kapazitäten können notfalls – zu dann für die Frachtfluggesellschaft nochmals höheren Kosten – auch Passagierflugzeuge für den reinen Frachttransport eingesetzt werden. Die Luftfahrtgesellschaften arbeiten bereits an entsprechenden Modellen.

Zudem können einzelne Länder derzeit nur ohne einen Layover der Crew angebunden werden, weshalb ein größerer Crew-Einsatz für diese Flüge erforderlich ist. Folglich wird Luftfracht deutlich teurer.

Luftfracht braucht außerdem die lokale Vernetzung mit der europäischen Fläche über Landverkehre und ist damit auch von Einschränkungen (z.B. zusätzliche Grenzkontrollen, Mitarbeitermangel, Unternehmensliquidität) im Landverkehr unmittelbar betroffen.

7.     Hafenwirtschaft

Terminals und Anlagen im Hafen müssen ständig erreichbar und funktional sein, denn sie sind systemrelevant. Das gilt auch bei geringeren Mengen sowie angesichts aller gesetzlichen Regelungen und ihrer Konsequenzen, wie zum Beispiel zusätzlich notweniger Kinderbetreuung. In den nächsten Wochen sind eher halbleere bis leere Schiffe im Hafen zu erwarten, weniger Container und weniger Fahrzeuge treffen ein. Das verursacht Ungleichgewichte im „Equipment Flow“ und somit Mehrkosten, die Zusammenhänge sind unter dem Abschnitt 5 „Fehlende Mehrwegbehältnisse“ näher beschrieben.
Im Automobilumschlag wird sich demnächst die Schließung von Automobilwerken bemerkbar machen. Außerdem entstehen freie Kapazitäten im Intermodalbereich, sogenannte „herumstehende Kapazität“. Darunter leiden die kleinen und mittelständischen und insbesondere die selbstfahrenden Unternehmen.

8.     Kontraktlogistik

Die Kontraktlogistik hat ebenfalls mit großen Herausforderungen zu kämpfen. Während etwa der Online-Handel hohe Mengenzuwächse zu verzeichnen hat, stellen andere Kunden die Produktion komplett ein. Für die ausführenden Kontraktlogistikdienstleister bedeutet dies erhöhte Auslastung an manchen Standorten, drastische Rückgänge an anderen. Extrem anspruchsvoll gestaltet sich auch die Pharmalogistik. Hier versuchen Logistikdienstleister sicherzustellen, dass die Fahrer lebenswichtige Medizinprodukte etc. auch tatsächlich ausliefern können. Dazu werden beispielsweise Schreiben mitgegeben, welche die kontrollierenden Behörden über Fracht und Relevanz der Sendung aufklären sollen. Apotheken bevorraten sich, auch mit Impfstoffen und Medikamenten, die nicht mit dem Corona-Virus in Verbindung stehen, etwa Impfstoffen gegen Masern oder Mumps.

Wie die produzierenden Unternehmen auch, sind die Kontraktlogistiker oft grenzüberschreitend organisiert. Hierbei ist es hinderlich und erzeugt erhöhten Organisationsaufwand, dass Bundesländer und europäische Länder unterschiedliche Definitionen der Krisengebiete und der entsprechenden Maßnahmen vornehmen.

Beispiel: In Tschechien ist nun das Tragen von Atemmasken Pflicht. Hier müssen Logistikdienstleister schnell und pragmatisch reagieren. Das Unternehmen Loxxess etwa lässt Masken von eigenen Mitarbeiterinnen in Heimarbeit nähen.

9.  Mitarbeiter/innen-Engpässe durch Corona-Vorsorge

Viele Mitarbeiter/innen in den Bereichen Kontraktlogistik und Lagerlogistik haben ihren ersten Wohnsitz in östlich gelegenen Nachbarländern Deutschlands. Weil die Grenzen nun geschlossen sind, weil diese Mitarbeiter/innen befürchten, sich in Gemeinschaftsunterkünften anzustecken oder auch nur wegen der allgemein unsicheren Situation bleiben viele von ihnen zu Hause. Die Logistikdienstleister müssen in den Lägern und Warenumschlagzentren ihre Leistung erbringen, teilweise sogar eine drastisch gesteigerte Nachfrage nach Konsumgütern bewältigen – und das dann mit ungeübten oder ungelernten Mitarbeitern. Viele Krankmeldungen aus Nachbarländern bedürfen aufwändiger Nacharbeiten in der Verwaltung. Die Effizienz sinkt im operativen und im administrativen Bereich, die Personalkosten steigen, also wird auch hier die Leistung teurer.

10. Zusatzkosten durch Kinderbetreuung

Um Infektionsrisiken zu reduzieren, haben die Bundes- und Landesregierungen entschieden, Kinder und Jugendliche nicht mehr in Kindergärten und Schulen zu lassen. Diese Entscheidungen sind wichtig und richtig. Der Bundesarbeitsminister hat die Wirtschaft aufgefordert den Paragrafen §616 BGB sehr großzügig zu leben.
Für die Mitarbeiter aus Verwaltungen und Administrationen, die im Homeoffice arbeiten, ist das relativ einfach, nicht aber für diejenigen, die als Logistiker Gabelstapler fahren oder den Lkw beladen. Für die Mitarbeiter/innen der Automobilindustrie, die in Kurzarbeit oder Zwangsurlaub zu Hause sind, ist die Betreuung der Kinder auch darstellbar.
Darüber hinaus hat die Politik erkannt, dass es Wirtschafts- und Sozialbereiche gibt, die für das Gemeinwohl besonders wichtig und kritisch sind, beispielsweise Feuerwehr, Polizei, medizinisches Personal und spezielle Behörden. In diesen Bereichen wurde Sorge getragen, dass die Kinderbetreuung in den Schulen und Kitas weiter organisiert ist. In NRW wurde dies durch Erlass vom 13. März 2020 geregelt.

Mitarbeiter/innen aus der Logistik kommen jedoch nicht in den Genuss einer

„Notbetreuung“ in Schulen und Kindertagesstätten. Es müssen Ersatzarbeitskräfte bereitgestellt werden, dadurch sinkt die Effizienz der Prozesse. Die Logistik in Industrie, Handel und Dienstleistung verteuert sich dadurch.

11. Kleine und mittelständische Unternehmen im Transportgewerbe

Viele der kleinen und mittelständischen Transportunternehmer haben noch nie mit einer Bank über einen Kredit verhandelt. Die Lkw werden in der Regel geleast. Der Rest wird bezahlt mit dem, was auf dem Konto liegt. Diese Menschen sind zudem oft Unternehmer mit Migrationshintergrund. Mit den Formalitäten und der Bürokratie, die beispielsweise mit einem Antrag auf liquiditätssichernde Mittel bei der KfW verbunden sind, sind sie oft überfordert. Es gilt, Anträge jetzt zu vereinfachen sowie schnell und unkompliziert zu bearbeiten.

aus dem Lebensmittelhandel

Auch im Lebensmittelhandel fehlen Mitarbeiter aus Osteuropa. Es bietet sich an, jetzt mit Logistikdienstleistern zu arbeiten, die zurzeit in anderen Branchen unterausgelastet sind. Darüber hinaus kann man eigene Mitarbeiter aus weniger ausgelasteten Bereichen wie Gastro- und Großverbraucher einsetzen, die aktuell weniger beschäftigt sind. Die Effizienz sinkt trotzdem. Es ist außerdem äußerst wichtig, mit Regelungen zum Personalleasing lösungsorientiert umzugehen.
Die Kinderbetreuung ist für die Lebensmittellogistik geklärt, da der Bereich zur kritischen Infrastruktur zählt. Die Klärung ging pragmatisch über Telefonate mit Landräten oder Landesregierungen über die Bühne. Notbescheinigungen werden ausgestellt und akzeptiert.
Der LEH sieht jetzt nicht nur den Staat in der Pflicht, der aktuell im Gesundheitswesen schon extrem belastet ist: Unternehmer müssen zwar ihre aktuellen Risiken melden, sollten aber auch eigenständig pragmatische und beherzte Maßnahmen zur Schadenslinderung einleiten – wie den Abverkauf jetzt nicht benötigter Warenbestände oder das schnelle Verschieben von Personal.

Allgemein vorrangige Themen

In einer Telefonkonferenz zwischen Entscheidern aus großen Logistikdienstleistungsunternehmen, Verbandsvertretern und dem Bundesverkehrsministerium wurden einige Themen als vorrangig identifiziert:

  • Sicherung von Post- und Paketstationen: entsprechende Geschäfte offenhalten
  • Grenzen sollen für den Güterverkehr geöffnet bleiben, Grenzkontrollen behindern den Güterverkehr als Nebeneffekt
  • Beweisdokumentation des Reisezwecks für den grenzüberschreitenden Güterverkehr
  • flexibler Einsatz von Arbeitskräften
  • Sicherung der Liquidität, zum Beispiel durch Kurzarbeit

Fazit:

Der Wirtschaftsbereich Logistik leistet seine Arbeit gerne und ist stolz darauf, dass es auch unter Krisenbedingungen gelingt, das Funktionieren der deutschen Volkswirtschaft zu sichern und die Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Die Leistungen, die erbracht werden, müssen allerdings so vergütet werden, dass die entstehenden Kosten gedeckt werden können. Logistik muss wirtschaftlich sein! Wenn durch staatliche Entscheidungen Mehrkosten entstehen, muss deutlich sein, wer diesen Aufwand trägt.
Es gibt vielfältige Möglichkeiten, finanzielle Entlastung für den Wirtschaftsbereich zu schaffen und die Liquidität der Unternehmen in Logistik und Supply-Chain-Management positiv zu beeinflussen. Dazu zählen Sozialversicherungsstundungen oder Steuerstundungen, zum Beispiel bei der Einfuhrumsatzsteuer. Das passiert in anderen Ländern erst nach sechs Monaten, hier dagegen sofort, und das bedeutet eine Ungleichbehandlung für den Logistik-Standort Deutschland.
Eine Beteiligung des Bundes an der Kinderbetreuung muss schon im Infektionsschutzgesetz festgelegt werden, um zu verhindern, dass Menschen zuhause bleiben müssen, weil Kitas geschlossen werden.
Unter Mitwirkung und mit Beiträgen von Berit Börke (TX Logistik), Frank Dreeke (BLG Logistics Group), Peter Gerber (Lufthansa Cargo), Karl Gernandt (Kühne + Nagel), Christian Grotemeier (BVL.digital), Klemens Rethmann (Rhenus), Frank Sportolari (UPS), Christina Thurner (Loxxess), Thomas Wimmer (Bundesvereinigung Logistik) und Stephan Wohler (EDEKA Minden-Hannover)

Foto: Pixabay

www.bvl.de

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