Das Thema Künstliche Intelligenz und ihre Einbindung in die aktuellen Produkt- und Lösungsentwicklungen bestimmt weite Teile des Messegeschehens auf der LogiMAT 2024. Die Schlüsseltechnologie ist fester Bestandteil der Intralogistik und in diesem Jahr prägend sowohl für das breite Anwendungsspektrum der präsentierten Neu- und Weiterentwicklungen als auch für das Rahmenprogramm der Fachmesse.
(München/Stuttgart) Mit ChatGPT ist Künstliche Intelligenz (KI) in den vergangenen zwei Jahren im Mainstream angekommen. Einer repräsentativen Studie des Digitalverbands Bitkom vom Herbst 2023 zufolge halten gut zwei Drittel (68 Prozent) der Unternehmen in Deutschland KI für die wichtigste Zukunftstechnologie. KI-basierte Anwendungen sind als unterstützendes Instrument für Auswertungen, Effizienz und Optimierungen bereits vielfach etabliert. In der Intralogistik ist KI aus der rasch fortschreitenden technologischen Entwicklung von Systemen und Lösungen nicht mehr wegzudenken. Vor diesem Hintergrund zählt der Technologiekomplex zu den drei Leitthemen, die das Motto der LogiMAT 2024 bilden: „SHAPING CHANGE TOGETHER – Sustainability – AI – Ergonomics“. „Künstliche Intelligenz, das belegen Aussteller aller Branchensegmente auf der LogiMAT, unterstützt die Automatisierung komplexer Anwendungen, ermöglicht in Echtzeit schnelle und präzise Problemanalysen sowie beschleunigte Prozesse“, stellt Messeleiter Michael Ruchty vom Münchener Messeveranstalter EUROEXPO Messe- und Kongress-GmbH fest. „Damit stärkt sie die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und optimiert Ressourceneinsatz und -verbrauch.“
Die verschiedenen Aspekte, unter denen KI in der Intralogistik als Treiber der Entwicklungen wirkt, beleuchten im Rahmenprogramm der LogiMAT fünf Expert-Forums im Atrium Eingang Ost. Am Vormittag des ersten Messetages stellt Prof. Dr. Dr. h. c. Michael ten Hompel, Geschäftsführender Institutsleiter Fraunhofer IML und Ordinarius des FLW, Technische Universität Dortmund, drei Start-ups vor, die in den Bereichen KI, Blockchain, Plattformen-as-a-Service neue Technologien entwickeln und die Zukunft der Intralogistik prägen. Nachmittags moderiert Dr. Ronald Müller, Member of the Board of Directors European Machine Vision Association (EMVA) & CEO of Vision Markets, eine Gesprächsrunde zur Rolle des maschinellen Sehens, industriellen Bildverarbeitung und neuester Technologien in der Intralogistik. Am Mittwochvormittag erörtern Prof. Dr.-Ing. Robert Schulz, Leiter des Instituts für Fördertechnik und Logistik (IFT), Universität Stuttgart, und seine Gesprächspartner wie KI-basierte Simulation von der Planung bis zum Betrieb von Produktions-/Logistiksystemen die Prozesssicherheit steigert. Nachmittags skizziert Dr. Dipl.-Psych. Veronika Kretschmer, Senior Scientist Assistenzsysteme und Mensch-Technik-Interaktion, Fraunhofer IML, wie unter anderem KI-basierte Analysen von Bewegungsdaten zur ergonomischen Optimierung von Intralogistikprozessen beitragen. Am letzten Messetag veranschaulicht Dipl.-Ing. Michael Lickefett, Abteilungsleiter, Abteilung Fabrikplanung und Produktionsmanagement, Fraunhofer IPA, anhand eines Quick Checks Auftragsmanagements, wie Software mit KI Optimierungsanalysen zur Identifikation möglicher Schwachstellen unterstützt.
Lösungsansätze für zukunftsfähiges Warehousing
Mit den Inhalten der Expert-Forums wird deutlich, dass es sich ungeachtet aller daraus abgeleiteten Funktionalitäten und Prozessen bei der Nutzung Künstlicher Intelligenz zunächst um Softwareprozesse handelt. Das spiegeln die aktuellen Marktzahlen des Branchenverbands Bitkom für 2023. Danach lagen die Ausgaben für KI-Software, -Dienstleistungen und entsprechende Hardware in Deutschland 2023 bei 6,3 Mrd. Euro – ein Plus von 32 Prozent verglichen mit dem Vorjahr. Zwei Drittel davon entfielen auf KI-Software (4,1 Mrd. Euro).
Basis der KI-Anwendungen bilden speziell programmierte Algorithmen, Einzelschritte zur Lösung einer Zielvorgabe. Begünstigt durch mittlerweile extrem hohe Rechengeschwindigkeit und Speicherkapazitäten führen Computerprogramme mit KI-Algorithmen in rasanter Geschwindigkeit Berechnungen durch, die in kürzester Zeit Muster identifizieren und Ergebnisse liefern. Auf diese Weise erschließen KI-gestützte Funktionalitäten eine Vielzahl von Anwendungsbereichen zur Analyse, Bereitstellung, Verarbeitung und Visualisierung von Daten zur optimierten Prozesssteuerung in der Intralogistik. KI-Algorithmen unterstützen Automatisierungsoptionen vom „Griff in die Kiste“ autonomer Kommissionierroboter, der über Bilderkennung und KI-basierter Analyse erfolgt, bis hin zur KI-gestützten, koordinierten Prozesssteuerung der Auftragsabwicklung. Je nach Softwarevorgabe können die Analyseergebnisse beispielsweise automatisiert Echtzeitoperationen anstoßen oder komplexe Datenmengen auswerten und belastbares Prognosematerial erstellen. Damit stehen die Applikationen und Funktionalitäten der Softwareentwickler im Fokus, die ihre aktuellen KI-basierten Lösungsansätze für zukunftsfähiges Warehouse-, Transport- und Supply Chain Management in Halle 8 auf dem Stuttgarter Messegelände präsentieren.
Gerätesteuerungen ermöglichen Algorithmen
Das vorgestellte aktuelle Anwendungsspektrum beginnt mit Integration von ChatGPT in Transport- und Dokumenten Management Systeme (TDMS), um etwa den administrativen Aufwand der Template-Anlage durch KI-Anwendungen zu ersetzen. Im Bereich der Warehouse Management Systeme und Gerätesteuerungen ermöglichen Algorithmen und KI-gestützte Funktionalitäten Prozessmodifikationen in Echtzeit. Vorgestellt wird beispielsweise ein adaptiver Auftragsstart im WMS. Er balanciert mit KI-Algorithmen bei der Prozesssteuerung selbstständig viele Lagerkennzahlen nach konfigurierbaren Parametern aus – und verbessert so die Performance im Lager. Dynamische Ressourcenplanung ermittelt mit KI die optimale Einsatzplanung von Mitarbeitenden, Geräten und Systemen. Mit verschiedenen Stellschrauben werden so die Anlagenauslastung und der Ressourceneinsatz kontinuierlich verbessert. Erstmals gezeigt wird außerdem unter anderem ein WMS, das zur KI-basierten Logistikplattform weiterentwickelt wurde. Erweiterungen umfassen die Einbindung von ChatGPT für Statusfragen, Prognosen zur Bestandsverwaltung und Ressourcenauslastung. Außerdem KI-basierte Computer Vision Technologie zur Echtzeitabbildung und -analyse von Warenbewegungen und Beständen. Ferner wird ein neues WMS-Modul für KI-gestütztes Dokumentenmanagement gezeigt, das alle Arten von Dokumenten einliest und verarbeitet.
Szenarien mit KI- und mobilen Robotiklösungen
Darüber hinaus zeigen mehrere Aussteller Module für Analysen mit KI-basierten Simulations- und Szenariotechnologie. Sie erkennen relevante Einflussfaktoren bei Produktionskapazitäten, Ressourcen, Transportwegen und Materialflüssen, decken Optimierungspotenziale auf und bieten den Anwendern eine belastbare Datenbasis für Zukunftsszenarien.
Neben den Softwareunternehmen präsentieren die Anlagenbauer und Systemintegratoren KI-basierte Neuentwicklungen. So werden in Halle 1 in Szenarien mit KI- und mobilen Robotiklösungen innovative Software- und Automatisierungstechnologien für End-to-End Supply Chains vorgestellt. Für die Vorhersage von Auftragslast und Engpässen im Materialfluss wird dort zudem ein KI-Tool als KI-basierter Assistent für Logistiksysteme gezeigt. Basierend auf Daten aus der Logistiksoftware erarbeitet der KI-Assistent unter anderem Vorschläge für die optimale Platzierung von Artikeln im Lager, wertet Störungsursachen aus und gibt Wartungsempfehlungen für Predictive Maintenance.
Auch bei den Ausstellern der Bereiche Fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF), Shuttles und Autonomen Mobilen (Transport-)Robotern (AMR) in Halle 6 bestimmen KI-basierte Softwareprogramme und die jüngsten Fortschritte in flankierenden Technologien wie Sensorik die gezeigten Neu- und Weiterentwicklungen. KI-Algorithmen und Machine Learning prägen im Rahmen von Navigations- und Bildverarbeitungstechnologien neue Flottenmanagement- und Navigationssysteme für die mobilen Arbeits- und Transporthelfer. Wie Vorteile von Bildverarbeitungslösungen für Roboter-gestützte Automatisierungsvorhaben in der Intralogistik erschlossen werden, demonstrieren darüber hinaus einige Aussteller in Halle 2 mit ihren Exponaten.
Kennzeichnende Regularien für KI-Anwendungen
„Für Anwendungen der Generativen KI wird es künftig sicher kennzeichnende Regularien geben müssen. Generell aber ist Künstliche Intelligenz eine maßgebliche Schlüsseltechnologie und fester Bestandteil der Entwicklung aktueller Produkte und Lösungen für effiziente Intralogistik“, resümiert Messeleiter Ruchty. „Die Neu- und Weiterentwicklungen, die die Aussteller in diesem Jahr auf der LogiMAT präsentieren, belegen das breite Anwendungsspektrum, das KI inzwischen prägt. Mit Blick auf die prognostizierten hohen Wachstumszahlen und den Benefit, den die Lösungen bieten, wird sich diese Dynamik weiter fortsetzen und die Marktdurchdringung von KI fördern. Damit erfüllt die LogiMAT als Branchenbarometer und Schaufenster der internationalen Intralogistik eine wesentliche Funktion für Entscheidungen über strategische und zukunftsfähige Investitionen.“
Foto: © LogiMAT