Zukünftige Lieferungen per Lastenrad? Zum Oktober 2022 startet eine Projektkooperation zwischen der Stadt Neumarkt in der Oberpfalz und dem PedeListics-Team um Professor Ralf Bogdanski der Technischen Hochschule Nürnberg. Ziel des gemeinsamen Projektes ist die Untersuchung der lokalen Möglichkeiten und Rahmenbedingungen einer nachhaltigen Einzelhandels- sowie Paketlogistik via Lastenrad in Neumarkt.
(Nürnberg/Neumarkt) Zum Start der Projektkooperation zwischen der Stadt und der Technischen Hochschule Nürnberg trafen sich Neumarkts Oberbürgermeister Thomas Thumann und der Klimaschutzmanager der Stadt Hidir Altinok mit dem Projektteam um Prof. Dr. Ralf Bogdanski in Nürnberg. Mit dabei waren auch der Präsident der Hochschule Prof. Dr. Niels Oberbeck und der Dekan der Fakultät Betriebswirtschaft Prof. Dr. Frank-Ulrich Fricke.
Bis 2024 sollen im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes neue Lösungsansätze für die wachsenden Herausforderungen der Urbanen Logistik untersucht werden: Bayerns Städte leiden unter ständig wachsendem Verkehrsaufkommen und der damit verbundenen Luftverschmutzung, gleichzeitig boomt der Online-Handel und Lieferverkehre für Pakete und Kleinsendungen nehmen stetig zu. Seit 2016 forscht Prof. Dr. Bogdanski daher zum Thema Lastenradlogistik und konnte in vergangenen Projekten die Wirtschaftlichkeit des Lastenradeinsatzes im gewerblichen Kontext bestätigen. „Die Lastenradlogistik leistet einen wertvollen Beitrag zum Umweltschutz und zur Erhaltung der städtischen Lebensqualität, beispielweise durch entlastete Verkehrsflächen, weniger Lärm oder die lokal emissionsfreie Zustellung.“, erklärt Professor Bogdanski.
In der aktuellen Projektkooperation sollen zwei Einsatzfelder für das Lastenrad speziell für Neumarkt untersucht werden: zum einen Lieferungen des lokalen Einzelhandels und zum anderen Lieferungen der Kurier-, Express- und Paket- (KEP) Branche.
Lieferungen des Einzelhandels via Lastenrad
Bei dem Konzept der Einzelhandelslogistik wird die Möglichkeit betrachtet, dass Bürger:innen lokal einkaufen können, die gewünschte Ware jedoch nach Hause geliefert bekommen. Dabei nimmt das Lastenrad als lokal emissionsfreies Transportmittel eine Schlüsselposition ein. Bei dem Konzept sind verschiedenen Szenarien denkbar, vom Einkauf vor Ort und der späteren Lieferung nach Hause bis zur Bestellung via Telefon oder über eine Online Plattform. Durch Befragungen werden die Rahmenbedingungen und Nutzungs- sowie Beteiligungsbereitschaften Neumarkter Bürger sowie der Einzelhändler untersucht.
Bei dem Treffen wies Oberbürgermeister Thumann auf die Bedeutung solcher Logistik-Konzepte in seiner Stadt hin: „Ein solches System bietet sich in Neumarkt mit in der Regel eher kurzen Wegen hinsichtlich der nachhaltigen Aspekte geradezu an. Energieeinsparung, weniger Verkehr und bessere Luft sind nur einige positive Effekte dieser logistischen Ausrichtung. Ich hoffe sehr, dass dieses gemeinsame Projekt nicht nur viele gutheißen, sondern sehr viele auch mitmachen, damit wir sehen, welches Potenzial vorhanden ist und welche logistischen Anforderungen im Alltagseinsatz gemeistert werden müssen. Angesichts der aktuellen Energieknappheit und der hohen Energiepreise stellt dieses Konzept für mich eine sehr zukunftsfähige Lösung dar.“
Paketlieferungen via Lastenrad
Neben dem Einsatz von Lastenrädern für Lieferprozesse des lokalen Einzelhandels soll in Neumarkt auch die Verwendung von Lastenrädern in der KEP-Branche untersucht werden. Hier knüpft die Kooperation an ein bestehendes Forschungsprojekt von Professor Bogdanski an, bei welchem eine zusätzliche Integration des ÖPNV in die Lastenradlogistik auf der letzten Meile untersucht wird. Professor Bogdanski erläutert den innovativen Ansatz: „Die mittlerweile bekannten Mikro-Depot-Konzepte, bei welchen an zentral gelegenen Orten ein Umschlag der Pakete vom KEP-Transporter zum Lastenrad stattfindet, sind in kleineren Mittelstädten meist nicht wirtschaftlich. Der Anfahrtsweg eines Transporters bis zum Umschlag auf das Lastenrad ist zu weit, daher wollen wir untersuchen, ob Pakete diese Strecke auch mit dem ÖPNV zurücklegen können.“
Die grossen KEP-Dienstleister haben Interesse am Projekt
Professor Bogdanski berichtet außerdem, dass alle großen KEP-Dienstleister Interesse an einer Beteiligung geäußert haben und gesprächsbereit sind. Er sagt: „Dadurch können wir unsere Konzepte mit echten Daten simulieren und auf ihre Tauglichkeit befragen. Zusätzlich ermöglicht aber die breite Beteiligung von den Kommunen über die Verkehrsbetriebe bis zu Lastenradherstellern, dass die Anforderungen der verschiedenen Stakeholder an die ÖPNV-Integration die KEP-Logistik angemessen berücksichtigt werden.“
In den kommenden Monaten wird sich das PedeListics-Team um Professor Bogdanski an die Arbeit machen, um die Potentiale in Neumarkt zu erfassen. Ergebnisse werden dann Anfang 2024 erwartet.
Foto: © CNA / Bildlegende (v.l.n.r.): Prof. Dr. Frank-Ulrich Fricke, Dekan der Fakultät Betriebswirtschaft, THN | Dr. Johannes Kraus, Manager Logistik Initiative Bayern, CNA e.V. | Hidir Altinok, Klimaschutzmanager Amt für Nachhaltigkeitsförderung, Stadt Neumarkt i.d.OPf. | Prof. Dr. Niels Oberbeck, Präsident, THN | Thomas Thumann, Oberbürgermeister
Neumarkt i.d. OPf. | Marc Reed, Projektmitarbeiter PedeListics, THN | Carina Siefert,
Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektmitarbeiterin PedeListics, THN | Prof. Dr.
Ralf Bogdanski, Professor für Nachhaltige Stadtlogistik und Projektleiter PedeListics, THN