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Bürokratische Hürden setzen deutsche Reedereien unter Druck

von Loginfo24 Redaktion
Die zunehmenden Berichtspflichten und regionalen Sonderregelungen im Zuge der Klimaschutzvorgaben belasten deutsche Reedereien massiv. Sie müssen eine Vielzahl von Daten auf nationaler, europäischer und globaler Ebene erfassen und melden – oft mehrfach, in verschiedenen Systemen und zu unterschiedlichen Fristen.

(Hamburg) Dieser Verwaltungsaufwand trifft nicht nur große Unternehmen, sondern insbesondere auch kleine und mittelständische Reedereien, die mit 80 Prozent den Großteil der deutschen Schifffahrtsbranche ausmachen.

Ein Beispiel verdeutlicht das Ausmaß: Die norddeutsche Familienreederei Rambow betreibt in Europa zwölf Containerschiffe und weltweit zwei Mehrzweckschiffe für den Transport verschiedenster Waren. Kapitän Manfred Hirsch berichtet frustriert: „Mittlerweile verbringen wir an Bord fast mehr Zeit mit Bürokratie als mit unseren eigentlichen Aufgaben wie Navigation und Instandhaltung. Emissionsdaten müssen in zahlreiche Systeme eingetragen werden, jedes mit eigenen Anforderungen und Fristen. Für die Offiziere ist dieser Aufwand neben dem Tagesgeschäft kaum noch zu bewältigen.“

Auch das Management spürt die Belastung. Malte Rambow beschreibt die Auswirkungen für das Unternehmen: „Unser Kerngeschäft – der Seetransport und der Schiffsbetrieb – rückt zunehmend in den Hintergrund. Die wachsenden Vorschriften und unklaren Berichtspflichten bremsen uns aus und gefährden unsere Wettbewerbsfähigkeit.“

Regelungschaos und Unsicherheit durch EU-ETS

Seit 2024 ist die Schifffahrt in das EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) eingebunden. Reedereien müssen ihre CO₂-Emissionen erfassen und entsprechende Zertifikate erwerben. Doch die verspätete nationale Umsetzung in Deutschland sorgte für Unsicherheit. Parallel gehen andere Länder wie Türkei und Großbritannien eigene Wege und etablieren eigene Emissionshandelssysteme für die Schifffahrt.

Das Ergebnis: Ein Flickenteppich aus Vorschriften mit unterschiedlichen Anforderungen, Meldeformaten und Fristen. Die steigende Bürokratie bindet wertvolle Ressourcen, überlastet das Personal und erschwert den effizienten Betrieb der Schiffe.

Martin Kröger, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Reeder (VDR), warnt: „Unsere Unternehmen können sich keine eigene Abteilung für Bürokratie leisten. Sie sollten sich auf den Warentransport und Klimaschutz konzentrieren – nicht auf die Suche nach dem richtigen Online-Portal für immer neue Berichte. Wir brauchen dringend eine Vereinfachung der Berichtspflichten und ein Ende der europäischen Sonderwege.“

Zusätzlich zum EU-ETS müssen Reedereien ab 2025 die FuelEU Maritime-Verordnung erfüllen. Sie schreibt vor, dass die Treibhausgasintensität der genutzten Schiffsenergie bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten darf – eine weitere bürokratische Hürde.

Kröger kritisiert: „Die FuelEU-Verordnung ist gut gemeint, geht aber an der Realität der Branche vorbei. Die Verantwortlichkeiten sind nicht praxisgerecht geregelt.“ In der Schifffahrt gibt es oft mehrere Akteure:

  • Schiffseigentümer,
  • Charterer, die das Schiff mieten und den Treibstoff beschaffen,
  • Schiffsmanager, die den sicheren Betrieb verantworten.

Laut Verordnung soll jedoch der Schiffsmanager für die Einhaltung der Vorschriften sorgen – obwohl er keinen Einfluss auf den Kraftstoffkauf hat. Das führt zu Verunsicherung und praxisfernen Regelungen.

Nachhaltigkeitsberichterstattung – neue Bürokratieflut

Neben den Klimaberichten fordert die EU auch verstärkt Nachhaltigkeitsberichte (Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD). Seit 2024 müssen große Reedereien detaillierte Berichte über ökologische und soziale Aspekte erstellen. Ab 2026 gilt diese Pflicht auch für kleine und mittlere Unternehmen. Die zusätzliche Dokumentation bindet weitere Ressourcen und erhöht den Verwaltungsaufwand erheblich.

Branche fordert internationale Vereinheitlichung

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Problematik erkannt und eine Reduzierung der Bürokratie angekündigt. Doch die Branche benötigt schnelle, konkrete Maßnahmen.

Der VDR fordert eine radikale Vereinfachung der Vorschriften. „Wir brauchen eine internationale Harmonisierung der Klimaschutzvorgaben, der Datensammlung und Berichtspflichten“, betont Kröger. „Die Bundesregierung muss sich entschieden für den Bürokratieabbau in Europa einsetzen – sonst droht Europa international den Anschluss zu verlieren.“

Foto: © Loginfo24

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