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Viel guter Wille für den Schienengüterverkehr

von Loginfo24 Redaktion
Im Rahmen der Bahnkonferenz Bahn25 mit dem Titel «Schienengüterverkehr gemeinsam vorwärtsbringen» haben sich letzten Freitag in Basel hochrangige Vertreter aus der Politik aus der Schweiz, aus Deutschland und der EU, von Wirtschaftskammern, von grossen Logistikkonzernen und der verladenden Wirtschaft vor einem zahlreichen Publikum getroffen. Nichtssagendes Fazit zum Schluss: «Nur gemeinsam schaffen wir es».

(Basel) Die jährlich stattfindende Bahnkonferenz gewinnt zunehmend an Einfluss und zieht hunderte Entscheidungsträger aus Politik, Transportwirtschaft und Bahnbetreibern an. In diesem Jahr lag der Fokus klar auf dem Schienengüterverkehr. Hochrangige Vertreter der Bundesverwaltung und der nationalen Eisenbahngesellschaft und Vertretern aus dem Ausland diskutierten mit Wirtschaftsvertretern die Herausforderungen und Perspektiven des Gütertransports auf der Schiene.

Gleich zu Beginn der Veranstaltung wies Martin Dätwyler, Direktor der Handelskammer beider Basel auf die herausragende Funktion der Region Basel für den Export, Import und Transitverkehr hin – und warnte davor, diese Rolle durch mangelnde Investitionen aufs Spiel zu setzen. Der Ausbau der Infrastruktur sei daher essenziell – vor allem das immer wieder verzögerte trimodale Terminal «Gateway Basel Nord». Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass immer mehr logistische in der Region verschwinden. Dabei wäre es einfacher bestehende Flächen zu halten, als in der dichtbesiedelten Region neue zu schaffen. Die Bahnen spielen auch hier ein Rolle, in dem sie ehemalige Güterareale in Wohngebiete umwandeln, was mehr Ertrag bringt als logistische Flächen.

Vier Kernforderungen für mehr Leistungsfähigkeit

An der Konferenz verabschiedeten die Kanton Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Genf, Tessin und Wallis eine Resolution mit vier zentralen Forderungen: Erstens eine bessere Anbindung der Grenzräume an den Regionalverkehr, zweitens die Stärkung strategischer Güterverkehrskorridore, insbesondere im Süden und Westen sowie in den beiden Basel. Drittens wird eine gesicherte, langfristige Finanzierung über den Bahninfrastrukturfonds verlangt. Und viertens geht es um die Priorisierung der Investitionen in besonders belastete Bahnknotenpunkte.

Verspätungen und Stilllegungen belasten das System

Doch derzeit steckt nicht nur, sondern vor allem der europäische Schienengüterverkehr in einer schwierigen Lage. Massive Bauvorhaben und Engpässe in benachbarten Ländern führen zu einer alarmierenden Pünktlichkeitsquote: Nur ein Bruchteil der Güterzüge erreicht derzeit termingerecht das Ziel. Jörg Stefan, Referatsleiter Schienengüterverkehr im Bundesministerium für Verkehr Deutschlands sprach sogar davon, die Reise zur Konferenz habe sich für ihn angesichts der aktuellen Lage wie ein Gang zum Schafott angefühlt.

Es gab denn auch einige Seitenhiebe vor allem gegen die Deutsche Bahn, denn die Probleme dort haben Auswirkungen auf die Nachbarn, insbesondere die Schweiz und Österreich.  Eine klare Ansage tätigte z.B. Sven Flore, CEO der SBB Cargo international. Er prangerte an, dass immer nach viel Geld für die Infrastruktur gerufen wird, aber naheliegende Dinge, wie Personalprobleme, nicht oder fast nicht thematisiert würden. Hier würde kurzfristig viel Potential liegen, wenn man die Effizienz des Personals verbessern würde. Auch viel Bürokratie sei mit im Spiel.

Auch Martin Brunner, Managing Director von DSV Switzerland ging mit den Bahnen hart ins Gericht. Er erwähnte, dass es zwar helfen würde, wenn die Bahnen bei Verzögerungen und Problemen proaktiver informieren würden, aber insgesamt müsse für den Kunden die beste Lösung getroffen werden, und die liegt nun mal sehr oft auf der Strasse.

In einem weiteren Referat foderte Ulla Kämpf, angekündigt als Expertin Schienengüterverkehr, in einer flammenden Rede, man müsse den Güterverkehr auf der Schiene neu denken, anders angehen und den Mut haben, die bisherigen Muster zu verlassen, ohne allerdings irgendwie konkret zu werden. Auf die Frage von Moderator Dieter Kohler, wie sie denn Veränderungen angehen würde, kam – nichts.

Aufhebung der Rollenden Landstrasse

Erwähnt wurde auch die Aufhebung der «Rollenden Autobahn RoLa» per Ende 2025 (anstatt Ende 2028) durch die Schweiz. Auch aufgrund der schon aufgeführten Probleme gestaltete sich die Durchführung noch schwieriger als ohnehin schon. Ein Verlustgeschäft war es allemal. Allerdings hat die RoLa 80’000 Lkw-Fahrten von der Strasse weggeholt und man kann getrost davon ausgehen, dass diese nun wieder auf der Strasse landen. Einen Verkehr im unbegleiteten Kombinierten Verkehr als Alternative aufzuziehen ist kaum möglich, denn dazu braucht es viel Volumen und eine einigermassen ausgeglichene Paarigkeit in den Verkehrsströmen. Genau die Kunden der RoLa können aber das nicht erfüllen, darum haben sie auch diesen Weg über die Alpen gewählt.

Fazit

Die grossen und führenden Bahnen sind immer noch die ehemaligen Staatsbahnen. Es sind in der Regel Gesellschaften öffentlichen Rechts. An deren Organisation hängt in der Regel auch die Infrastruktur, zwar mit eigenen Tochterfirmen, aber eben doch nicht ganz unabhängig. Die Besetzung der Aufsichts- und Führungsgremien erfolgt in erster Linie oder vielfach nach politischen Begehrlichkeiten oder Empfindsamkeiten. Und mit den schwerfälligen Tochtergesellschaften im Güterverkehr lassen sich wenig Lorbeeren holen.

Private Bahnen beweisen, dass man Güterverkehr auf der Schiene auch erfolgreich umsetzen kann. Aber auch sie werden mit Hindernissen konfrontiert, wie z. B, mit steigenden Trassenpreisen, Baustellen oder Ausfall von Stellwerkmitarbeitern, usw.

An der Tagung in Basel nahmen denn auch mehrheitlich Vertreter aus der Politik, von Wirtschaftsverbänden (in der Regel auch Politiker) teil und dazu Vertreter aus Wirtschaftsbereichen, die auf die Bahn angewiesen sind. Bei den Logistikdienstleistern waren mit DSV und Rhenus zwei Branchenleader anwesend, die auf den Hauptstrecken über genügend Volumen verfügen, um dieses über die Schiene abzuwickeln.

Man kann davon ausgehen, dass was auf die Schiene passt jetzt schon auf der Schiene läuft, und zwar nicht aus ökologischen, sondern aus ökonomischen Gründen. Industrien mit Massengütern, wie Stahl, Mineralöle, flüssige Chemikalien, Zement, etc., sind auf die Bahn angewiesen und insbesondere auf eine funktionierende.

Auch die ganzen Hinterlandverkehre mit den Seehäfen laufen intermodal auf der Schiene oder, dort wo möglich, auf dem Wasser.

Die Strasse könnte in diesen Fällen weder organisatorisch noch preislich mithalten.

So gesehen, gab es am Kongress Ansätze dafür, dass das, was man hat, verbessert werden soll. Die Zeithorizonte sind aber, das liegt in der Natur der Sache, eher in Dekaden als in Jahren zu messen. Ob die grossen Bahnen, nebst Investitionen in die Infrastruktur bereit sind, auch die internen Organisationen zu hinterfragen blieb offen.

Foto: © Bahn25 / Bildlegende: Sie sprachen unter anderen am Bahnkongress in Basel (v.l.n.r): Jörg Stefan, Referatsleiter Schienengüterverkehr, Bundesministerium für Verkehr Deutschland / Prof. Pawel Wojciechowski, EU-Koordinator Nordsee-Rhein-Mittelmeer-Korridor / Pierre Maudet, Staatsrat Kanton Genf / Alexander Muhm, Leiter Güterverkehr SBB AG / Christa Hostettler, Direktorin Bundesamt für Verkehr / Isaac Reber, Regierungspräsident Basel-Landschaft / Vincent Ducrot, CEO SBB AG / Martin Dätwyler, Direktor Handelskammer beider Basel / Esther Keller, Regierungsrätin Basel-Stadt / Stefan Luggen, Stv. Leiter Mobilität Kanton Wallis / Claudio Zali, Staatsrat Tessin  

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