"Da haben wir den Salat" oder "Zahlensalat" sind Wortspiele mit Salat. Aber wie kommt eigentlich der Salat zu seiner Zolltarifnummer? Das ist nämlich kein "Zahlensalat", sondern das hat eine klare Struktur, wie man dem Artikel aus dem "Fo-rum Z." der Eidg. Zollverwaltung (EZV) entnehmen kann.
Von Yvonne Siemann
(Bern) Was passiert eigentlich zolltechnisch, wenn ein neuartiges Produkt importiert werden soll? Wozu dient die Tarifnummer und wie ist sie aufgebaut? Forum Z. erklärt die Grundlagen eines komplexen Systems.
Vor einigen Jahren sollte die neue Salatzüchtung Salanova® in die Schweiz eingeführt werden. Doch wie importiert man eine ganz neue Ware, der noch keine Tarifnummer zugewiesen wurde? Denn kein Importvorgang kommt ohne diese Nummer aus. Nicht nur definiert sie das Produkt international verständlich. Aus ihr geht auch hervor, wie viele Zollabgaben anfallen, ob eine Ware allenfalls zollfrei eingeführt werden kann oder ob Kontingente gelten. Für den Importeur bedeutet dies, dass er bei der Deklaration keine Fehler machen sollte, andernfalls können Nachforderungen und Bussen folgen.
Darüber hinaus trägt die Tarifnummer auch zum Schutz der Bevölkerung bei. Aus der Nummer geht hervor, ob ein potentiell gefährliches Produkt eine Bewilligung braucht. Freihandelsabkommen wie auch die speziellen Zollbestimmungen der COVID2-Verordnung für den vorübergehend zollfreien Import von Schutzausrüstung und alkoholhaltigen Desinfektionsmittel basieren auf ihr. Schliesslich beinhaltet sie noch wichtige Informationen für Aussenhandelsstatistiken und Marktbeobachtungen. Ohne die Tarifnummern wäre der schnelle weltweite Warenaustausch nicht möglich.
Eine aussagekräftige Zahlenkombination
Die Zollfachleute können dem Salat nicht einfach eine beliebige Nummer zuweisen oder gar eine erfinden. Stattdessen müssen sie sich an das «Harmonisierte System» (HS) halten. Dieses von der Weltzollorganisation (WZO) beschlossene sechsstellige Codierungssystem ist seit 1988 in Kraft. Es ist in 21 Abschnitte mit insgesamt 97 Kapiteln unterteilt. Die einzelnen Länder bzw. Zollgebiete können diesem Code weitere Stellen hinzufügen, in der Schweiz sind es zwei. Daran kann sich noch ein dreistelliges «Steuerungselement/statistischer Schlüssel» anschliessen, mit dem ein Produkt vor allem für statistische Zwecke noch genauer definiert wird.
Blätterten die Zollfachleute früher in dicken Büchern, wird heute die digitale Anwendung Tares verwendet, die im Rahmen des EZV-Transformationsprogramms DaziT weiter optimiert und besser zugänglich gemacht wird. Bei allfälligen Unklarheiten existieren zu den einzelnen Nummern ausserdem noch detaillierte Erläuterungen, welche Eigenschaften oder Waren eine Nummer einschliesst. Ausserdem konsultieren die EZV-Fachleute weiterführende Fachliteratur, recherchieren im Internet oder fragen bei anderen Ämtern nach. Dabei klären sie, welche Merkmale vorherrschend sind, um die Ware am richtigen Ort einreihen zu können.
Klare Nummernstruktur
Wieder zum konkreten Fall: Innerhalb des Kapitels 7 (Gemüse etc.) war klar, dass Salanova ® als Salat unter die Nummer 0705 (Salate und Zichorien) fällt. Die Zollfachleute entschieden sich aufgrund der äusseren Merkmale sowie den für die Kreuzung verwendeten Salatsorten, diesen als Kopfsalat einzureihen (Unternummer 11). Da es sich weder um einen «Batavia» noch um einen «Eisbergsalat» handelt, wurde er unter der Kategorie «andere Kopfsalate» eingereiht, wobei hier je nach Importzeitraum Kontingente gelten und die letzten beiden Ziffern daher 91, 97 oder 98 lauten können.
Die Tarifeinreihung von Salanova ®
Auch einige Kenntnisse der Lebensmittelchemie brauchen die Zollfachleute bei der Tarifeinreihung von Nahrungsmitteln. Das Eidgenössische Institut für Metrologie METAS analysiert dazu von den Zollstellen erhobene Warenmuster aus konkreten Einfuhrsendungen, um Parameter wie den genauen Fett- und Zuckergehalt zu bestimmen, was wiederum Auswirkungen auf die Einreihung in den Unternummern und den Zollansatz hat.
Ein sich wandelndes System
Dass die neue Salatzüchtung heute je nach Importzeitraum unter der Nummer 0705.1191, .1197 und .1198 eingereiht ist, heisst nicht, dass dies für immer gilt. Zolltarife sind kein fertiges System, sondern spiegeln wieder, welche Güter für die jeweilige Export- oder Importwirtschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt Bedeutung haben. Vor dem ersten Weltkrieg galt in der Schweiz bei den Textilien beispielweise ein sehr fein unterteilter Tarif, während Lebensmittel noch wenig über Landesgrenzen gehandelt und Gemüse dementsprechend nur sehr grob in «frisch», «konserviert» und «Kartoffeln» unterteilt wurde.
So fallen immer wieder Nummern weg, andere kommen auf Initiative von Wirtschaftsverbänden und anderen Organisationen hinzu. Es überrascht wenig, dass in den letzten Jahren vor allem im Bereich Technologie neue Unternummern entstanden. Was die Schweizer Unternummern betrifft, also die siebte und achte Ziffer der Tarifnummer, überrascht es wenig, dass hier Käse, Schokolade und Maschinenteile besonders detailliert erfasst werden. Für neue Unternummern auf HS-Niveau gilt, dass die jeweiligen Waren ein Handelsvolumen von mindestens 50 Millionen US$ haben müssen.
Alle fünf Jahre kommt es zu einer sog. «HS-Revision», die nächste tritt auf den 1.1.2022 in Kraft. Für die Revision treffen sich die Vertreter der Zollgebiete alle fünf Jahre am WZO-Hauptsitz in Brüssel. Bei den Vorberatungen wird zum Teil um jedes Wort gekämpft – schliesslich kann auch ein «und» grosse finanzielle Auswirkungen haben. Der revidierte Zolltarif wird dann vom Bundesrat und Parlament genehmigt. Der HS-Tarif der WZO existiert auf Französisch und Englisch. Bei der EZV wird alles auf Deutsch und Italienisch übersetzt, was viel Aufwand bedeutet und nicht immer einfach ist. In der Schweiz gilt die französische Version am Bundesverwaltungsgericht – schliesslich werden Einreihungsentscheide manchmal auch angefochten.
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Grafik: © Eidg. Zollverwaltung (EZV)
Mit Genehmigung der Redaktion „Forum Z.“ der Eidg. Zollverwaltung (EZV)