Mit einem starken Programm, hochkarätigen Speakern und intensiven Diskussionen ist die BVL Supply Chain CX 2025 am Freitag in Berlin zu Ende gegangen. Rund 2.300 Teilnehmende trafen sich im Estrel Congress Center zur Leitveranstaltung für Logistik und Supply Chain-Management, um über die Zukunft der Branche, technologische Entwicklungen und wirtschaftliche Perspektiven zu diskutieren. Über 220 Speaker und 120 Aussteller boten ein breites Spektrum an Themen, von künstlicher Intelligenz über Nachhaltigkeit bis hin zu geopolitischen Herausforderungen.
(Bremen/Berlin) Die Supply Chain CX hat die zweite Austragung im neuen Gewand beendet. Die Veranstaltung verband Fachkongress, Expo und Networking zu einem einzigartigen Format. Im Estrel Congress Center in Berlin boten führende Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik neue Perspektiven auf die Gestaltung globaler Lieferketten.
Unter den Top-Speakern waren Petra Scharner-Wolff, Vorstandsvorsitzende der Otto Group, Jens H. Lund, Group CEO von DSV, Generalmajor Jochen Deuer (Bundeswehr), Arthur Valdez (vormals Amazon, Starbucks und Target), Ilse Henne (ThyssenKrupp AG), Achim Puchert (Mercedes-Benz Trucks), Nadine Despineux (Jungheinrich), Sebastian Peters (Airbus Operations), Prof. Dr.-Ing. Alice Kirchheim (Fraunhofer IML) und Ashwin Bhat, CEO von Lufthansa Cargo.
Neben Fachbeiträgen standen Austausch und Kooperation im Fokus. Das Networking-Konzept der CX bot zahlreiche Möglichkeiten: moderierte Connect-Tables, Treffen für Young Professionals und das Format Ladies in Logistics. Die BVL Events-App erleichterte durch Matchmaking-Funktionen gezielte Kontaktaufnahmen – ein Angebot, das von den Teilnehmenden stark genutzt wurde.
Ein besonderer Höhepunkt war die feierliche Verleihung des Deutschen Logistik-Preises am Mittwochabend, gefolgt von der beliebten Networking Night. Den Abschluss bildete die große CX-Party in der Expo-Area – ein emotionaler und zugleich inspirierender Schlusspunkt einer Veranstaltung, die einmal mehr die Innovationskraft und Vielfalt der Branche zeigte.
„Logistics Next Level“ von Strauss Work gewinnt den Deutschen Logistik-Preis
Den Deutschen Logistik-Preis 2025 gewann die Workwear-Marke Strauss für ihr Projekt „Logistics Next Level“. Am Stammsitz in Biebergemünd wurde das in die Jahre gekommene Logistikzentrum im laufenden Betrieb umfassend revitalisiert – mit beachtlichen Resultaten: 26.000 Tonnen CO₂-Ersparnis gegenüber einem Neubau, halbierte Durchlaufzeiten, 80 % weniger Fehler und 98 % Kundenzufriedenheit.
COO Matthias Fischer erklärt: „Wir wollten unsere Logistik nicht nur erneuern, sondern revolutionieren.“ Der Umbau wurde vollständig aus Eigenmitteln finanziert (55 Mio. Euro) und ermöglicht eine Verdoppelung der Versandleistung bei sinkenden Stückgutkosten. Auch soziale Aspekte überzeugten die Jury: Die Belegschaft war eng eingebunden, die Wochenarbeitszeit konnte bei vollem Lohnausgleich auf 37,5 Stunden reduziert werden.
Die Kombination aus Brownfield-Ansatz, moderner Automatisierung, ökologischer Verantwortung und aktiver Mitarbeiterbeteiligung gilt als beispielgebend. Das Projekt liefert einen belastbaren Blueprint für Unternehmen, die unter Kostendruck und Flächenknappheit zukunftsfähige Logistikstrukturen entwickeln wollen.

Die Mitarbeiter von Strauss feiern den Gewinn beim Deutschen Logistik-Preis. COO Matthias Fischer (Mitte) hält die Siegesurkunde
Finalisten Siemens und Tchibo
Neben Strauss überzeugten auch Siemens und Tchibo mit innovativen Konzepten. Siemens schuf im Logistics Center Erlangen eine smarte, skalierbare und nachhaltige Lösung auf Basis künstlicher Intelligenz. Vier KI-basierte Systeme – von der automatischen Kartongrößenbestimmung bis zur autonomen Roboter-Kommissionierung – ermöglichten eine durchgängige Automatisierung. Die neue Pick-&-Pack-Linie steigerte die Produktivität um 124 %, die Versandlinie sogar um 300 %. „Heute ist der gesamte Prozess von der Materialverbringung bis zur Versandvorbereitung automatisiert“, so Dr. Ekine Aristizabal, Head of Logistics Center Erlangen. Jury und Auditoren würdigten die konsequente Integration moderner Technologien in einen laufenden Betrieb als herausragendes Beispiel digitaler Transformation.
Tchibo wiederum setzte mit „The Power within Retoure“ ein starkes Zeichen für Kreislauflogistik. Am Standort Cheb (Tschechien) wurde ein automatisiertes System entwickelt, das jährlich rund 850.000 Retouren pro Woche bearbeitet. 27 % der Artikel fließen direkt wieder in neue Bestellungen, 55 % sind binnen 30 Minuten erneut im Webshop verfügbar – insgesamt können 96 % der Rückläufer wiederverwendet werden. „Für uns sind Retouren kein Ende, sondern der Beginn eines neuen Produktzyklus“, sagte Laura Andersch, Head of SCM Reverse Logistics bei Tchibo.
Logistik bleibt drittgrößter Wirtschaftssektor
Auch wirtschaftlich zog die Veranstaltung klare Linien. Kai Althoff, Vorstandsvorsitzender der BVL und CEO von 4flow, präsentierte aktuelle Kennzahlen: Mit einer Wirtschaftsleistung von 335 Mrd. Euro bleibt die Logistik nach Handel und Automobilindustrie der drittgrößte Wirtschaftsbereich Deutschlands. Sie repräsentiert rund 8 % der gesamten Wirtschaftsleistung und etwa ein Viertel des europäischen Logistikmarktes.
Die neue Top100-Studie der Hochschule Heilbronn unter Leitung von Prof. Martin Schwemmer, die im November erscheint, zeigt für 2024 ein nominales Plus von 2,6 % gegenüber dem Vorjahr. Gleichzeitig sank die Zahl der Beschäftigten um etwa 60.000 auf 3,35 Mio., was einem Rückgang von 1,8 % entspricht.
Die sogenannten „Logistikweisen“ um Prof. Christian Kille (TH Würzburg-Schweinfurt) prognostizieren für 2025 eine Stagnation der Wirtschaftsleistung zwischen 337,7 und 338,7 Mrd. Euro. Erst 2026 rechnen sie mit einer leichten Erholung auf bis zu 349,5 Mrd. Euro. Real ergibt sich damit ein Minus von bis zu 0,8 % für 2025, bevor 2026 ein leichtes Wachstum einsetzen könnte. Althoff kommentierte: „Das mittlere Szenario erscheint am wahrscheinlichsten – eine Seitwärtsbewegung 2025, gefolgt von moderatem Wachstum 2026. Eine echte Trendwende ist frühestens dann zu erwarten.“ Auch der BVL-Logistikindikator, erstellt gemeinsam mit dem ifo-Institut, signalisiere zwar eine leichte Erholung, aber noch keinen nachhaltigen Aufschwung.
Branche fordert stärkeren politischen Rückhalt
Deutliche Worte fanden die BVL-Verantwortlichen in Richtung Politik. In der neuen Studie „Trends und Strategien in Logistik und Supply Chain-Management“ geben nur 6 % der Unternehmen an, dass ihre Interessen politisch angemessen vertreten werden. 60 % stimmen explizit nicht zu, 34 % äußern sich unentschieden – ein klarer Weckruf an Entscheidungsträger. Althoff: „Wie sich Deutschland wirtschaftlich entwickelt, hängt nicht nur von geopolitischen Faktoren, sondern auch von der deutschen und europäischen Politik ab. Die Logistik ist ein zentraler Indikator für die Gesamtwirtschaft – doch sie wird politisch oft übersehen.“
Zu den dringendsten Handlungsfeldern zählen laut Studie Infrastruktur, Bürokratieabbau, Digitalisierung, Energiewende, Fachkräftemangel und globaler Handel. Viele dieser Themen seien zwar im Koalitionsvertrag verankert, aber bislang nur teilweise umgesetzt.
„Wir sehen positive Ansätze – etwa das Sondervermögen Infrastruktur, das dringend benötigte Investitionsspielräume eröffnet“, so Althoff weiter. „Doch beim Strompreis und bei der Fachkräftemigration fehlen nach wie vor entschlossene Schritte. Der Rahmen ist da, jetzt braucht es Umsetzung – schnell, konsequent und mit Weitblick.“
Branche ist resilient aufgestellt
Die BVL Supply Chain CX 2025 hat gezeigt, wie vielfältig und resilient die Branche aufgestellt ist – von technologischer Exzellenz über nachhaltige Innovationen bis hin zum gesellschaftlichen Dialog. Berlin wurde in diesen Tagen einmal mehr zum Schaufenster der Logistik – und zum Ort, an dem sichtbar wurde, dass Zukunftsfähigkeit kein Schlagwort ist, sondern Ergebnis von Zusammenarbeit, Mut und strategischer Weitsicht.
BVL Supply Chain CX 2026 findet vom 21. – 23. Oktober im Estrel Berlin statt
Fotos: © BVL / Legende Titelbild: Kai Althoff, Vorstandsvorsitzender der BVL, begrüsst die Gäste zum BVL Supply Chain CX


