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NEE ist unzufrieden mit dem Entscheid des Bundesfinanzministeriums

von Redaktion Loginfo24

Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen e.V. (NEE) nimmt Stellung zum Entscheid von Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, der offenbar die Chance ungenutzt lassen will, mithilfe des Wiederaufbau- und Resilienzfonds der EU die schnelle Einführung des ETCS auf Loks und Triebzügen voranzubringen.

(Berlin) Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen e.V. nimmt zu einem Entscheid des Bundesfinanzministeriums. Praktisch zeitgleich zum Beschluss des SPD-Parteivorstandes über „Zukunftsmissionen für Deutschland“ erteilte das SPD-geführte Bundesfinanzministerium einer Förderung der Ausrüstung von Loks und Triebwagen mit dem einheitlichen europäischen Zugleit- und Sicherungssystem „European Train Control System“ (ETCS) eine schroffe und generelle Absage.

Absage ist kontraproduktiv

Während im SPD-Programm von einem neuen „Transportnetz“ und dem Ziel die Rede ist, das „modernste und klimafreundlichste Mobilitätssystem Europas“ zu etablieren, ist die Absage des Finanzministers volkswirtschaftlich kontraproduktiv. Damit riskiert der Bund, dass die großen infrastrukturseitigen Investitionen in die Digitalisierung der Leit- und Sicherungstechnik nicht effektiv genutzt werden können.

NEE-Vorstandsvorsitzender Ludolf Kerkeling: „Deutschland hinkt bei der Umsetzung der ETCS-Technologie anderen europäischen Ländern noch sehr hinterher.“

Der Güterbahnen-Verband hatte zusammen mit dem Deutschen Verkehrsforum (DVF) der Bundesregierung vorgeschlagen, Mittel aus dem Coronafolgen-Fonds der EU für die schnelle Ausrüstung von Schienenfahrzeugen mit den notwendigen „On-Board-Units“ zu verwenden. Deutschland erwartet mehr als 22 Milliarden Euro aus Brüssel. Den Bedarf für ETCS-ObU im Güter- und Personenverkehr zusammen schätzt eine vom Bundesverkehrsministerium beauftragte Studie auf rund vier Milliarden Euro.

Keine zusätzlichen Konjunkturimpulse

Die durch die Aufbau- und Resilienzfazilität bereitgestellten EU-Gelder will das BMF jedoch nicht für zusätzliche Konjunkturimpulse nutzen. Das Ministerium verweist darauf, dass mit diesen Geldern nur bereits im Bundeshaushalt beschlossene Maßnahmen finanziert werden sollen. Dabei könnte gerade die bisher weiter ausstehende Finanzierung der fahrzeugseitigen ETCS-Komponenten kurzfristige Konjunkturimpulse setzen.

ETCS ist eine wichtige Komponente für die Digitalisierung des Eisenbahnbetriebs und soll Teil der vollständigen Interoperabilität im grenzüberschreitenden Verkehr sein. ETCS verspricht nicht nur einen Sicherheitsgewinn, sondern auch mehr Effizienz im Betrieb, was den Schienengüterverkehr im Wettbewerb mit der Straße stärkt. Vor allem die vorgesehene ETCS-Ausbaustufe „Level 3“ könnte zudem die Kapazität des Schienennetzes erhöhen.

Kerkeling: „Die neue Leit- und Sicherungstechnik an den Strecken funktioniert aber nur mit korrespondierenden Geräten, die in die Führerstände der Züge eingebaut werden müssen. Stromzähler müssen auch vom Stromnetzbetreiber bezahlt werden und nicht vom Stromverbraucher.“

Müssten die Bahnunternehmen die ETCS-ObU zusätzlich zu den vorhandenen PZB-Geräten beschaffen, würde die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene bei Kosten von bis zu 500.000 Euro pro Fahrzeug – gerechnet ohne die höheren Wartungskosten – einen Rückschlag erleiden.

Öffentliche Mittel nicht nur in die Schiene

Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass es für die Verkehrswende förderlich ist, öffentliche Mittel nicht nur wie üblich in Schienenwege, sondern unter Umständen auch in die Fahrzeuge selbst zu stecken: So wäre ohne eine Kostenübernahme sogenannter „Flüsterbremsen“ durch den Bund die Realisierung des nun nur noch halb so lauten Schienengüterverkehrs nicht so schnell möglich gewesen. Ziel des Bundes und der Branche ist, ETCS flächendeckend bis 2035 im Einsatz zu haben. Ludolf Kerkeling abschließend:

„Wenn SPD-Kanzlerkandidat Scholz es wirklich ernst meint mit der Zukunftsmission Mobilität, muss er die Finanzierung aller ETCS-Komponenten sofort zur Chefsache machen. Bei Bundesverkehrsminister Scheuer findet er hierfür einen Unterstützer.“

Foto: © NEE

www.netzwerk-bahnen.de

 

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