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Bei den Paketdiensten steigen die Mengen, aber nicht die Löhne

von Redaktion Loginfo24

Andreas Schumann, Vorsitzender des BdKEP – Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e.V., zeigt auf, warum trotz stark steigendem Volumen bei den Paketdiensten, sich an den Löhnen nichts verändert. Dies liegt zum Einen daran, dass viele Subunternehmer in diesem Bereich der Logistik eingesetzt werden und zum Andern gibt es noch viel Potenzial bei der Effizienzsteigerung.

Von Andreas Schumann

 

(Berlin) KEP-Branche mit unterdurchschnittlichen Verdiensten melden die Newsticker zu den neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Und wieder grüßt das Murmeltier.

Beim Verdienst gehört die Branche zu den Schlußlichtern. Das Paradoxe daran ist, trotz stark gestiegener Paketmenge hat sich die Lage nicht verbessert. Eigentlich sollte der dramatische Mengenzuwachs der letzten Jahre, Effizienzsteigerungen und die Verbesserung der Wirtschaftlichen Situation der Beschäftigten und Unternehmen bedeuten. Tut es jedoch nicht und die Situation wird sich mit dem stärkeren Wachstum der Paketmenge weiter verschlechtern.

Besonders außerhalb der DPAG/ DHL arbeiten die umsatzstarken großen Unternehmen als Netzwerkbetreiber häufig mit Nachunternehmen zusammen. Sie erbringen die eigentlichen Leistungen auf der ersten Meile, im Hauptlauf und auf der letzten Meile und haben den Großteil der Beschäftigten angestellt. Die oftmals geringe Vergütung der Nachunternehmen durch Netzwerkgeber spiegelt sich in der Einkommenssituation von Beschäftigten und Unternehmer wider. Sie ist eine der wichtigsten Ursache für das ermittelte niedrige Lohnniveau, welches die Nachunternehmer ihren Mitarbeitern bieten können.

Zwei Ansätze, die aus dieser Situation herausführen

Um das Lohnniveau steigern zu können, gibt es zwei Ansätze. Senkung der Kosten durch Steigerung der Effizienz in der Zustellung. Das bedeutet pro Stopp bzw. Zeiteinheit müssen mehr Sendungen zugestellt werden. Zweitens Steigerungen der Erlöse. Das bedeutet, für die gleichen Serviceleistungen müssten mehr Erlöse erzielt werden (Preiserhöhung) oder für neue Serviceangebote können zusätzliche Erlöse erzielt werden.

Wirkliche Effizienz- und Erlössteigerungen – ausgeschlossen!

Beide Wege sind den Nachunternehmen im aktuellen Marktgefüge verschlossen. 80% des Marktes werden von 26 der rund 16.100 Unternehmen (=0,2%) erzielt. Das sind vorwiegend international agierende Paketkonzerne als Netzwerkgeber für die Nachunternehmen. Die Prozessabläufe sind festgeschrieben, Auftraggeber bestehen auf einer exklusiven Zustellung ihrer Sendungen, lehnen die Bündelung von Sendungen ab, haben komplexe und unflexible über Jahrzehnte gewachsene Softwarelandschaften und Sortiertechnologien. Signifikante Effizienzsteigerung und damit steigende Deckungsbeiträge als Grundlage für die bessere Entlohnung sind so nicht möglich.

Zusatzerlöse lassen sich für die Nachunternehmer nicht erzielen. Das Serviceportfolio wird vom Auftraggeber bestimmt. Die Verhandlungsmacht der Nachunternehmer für höhere Vergütungen ist nicht gegeben.

Aktuell wird es mit jedem zusätzlichen B2C Paket eher schlechter

Bei den aktuellen Marktstrukturen wird sich die Situation in den kommenden Jahren signifikant verschlechtern. Die B2C Sendungsmengen steigen überproportional im Verhältnis zu den B2B Sendungen. Bei diesen Sendungen wird anders als bei B2B Sendungen in der Regel nur eine Sendung pro Stopp zugestellt. Das bedeutet erheblich weniger Deckungsbeitrag pro Stopp als bei B2B Sendungen. Jedes zusätzliche B2C Paket, dass bei Nachunternehmen den Anteil der B2B Pakete in der Zustellung reduziert, verschlechtert den Gesamtdeckungsbeitrag der Nachunternehmen. So fehlen bei steigenden Zustellmengen Möglichkeiten zu Lohnsteigerungen. Die Branche fällt somit immer weiter hinter der allgemeinen Lohnentwicklung zurück.

Erlös- und Kostendruck werden den Markt radikal umkrempeln

Die Situation kann sich nur dann verbessern, wen sich die Marktgegebenheiten substanziell verändern. Effizienzsteigerungen bei Nachunternehmen sind dann möglich, wenn die Anzahl zugestellter Sendungen pro Stopp signifikant gesteigert werden kann. Das gelingt nur über Bündelung der jetzt vereinzelten Sendungen. Eine optimierte Tourenplanung exklusiv zugestellter Sendungen reicht dazu bei weitem nicht aus und zementiert die gegebenen Marktstrukturen eher noch.

Szenario A: Versender speisen Sendungen direkt in letzte Meile ein

Die bestehenden Systemanbieter lassen diese Bündelung nicht zu, deshalb benötigen die Nachunternehmen direkten Zugang zu den Sendungsmengen. Ein Weg dazu ist, dass Versender ihre Sendungen direkt auf der letzten Meile bei regional tätigen KEP-Diensten einspeisen. Diese wechseln von der Rolle als Nachunternehmer in die Rolle des Auftragnehmers für Versender. Ein anderer Weg ist, dass die Sendungen in regionalen Mikrodepots auf der allerletzten Meile zusammengeführt werden. Dann können dort die Sendungen anders als bisher gebündelt und effizient zugestellt werden. Die Erlöse pro Stopp steigen, Zusteller können besser vergütet werden.

Parallel schafft diese Systematik die Möglichkeit, dass regional tätige KEP für Versender oder auch Empfänger neue Serviceangebote entwickeln. Diese bieten die Möglichkeit Zusatzerlöse zu erzielen. Wertschöpfung und Gestaltungsspielräume für Kommunen bleiben so erhalten.

Szenario B: Koexistenz der (zwei – drei) Großen

Den gleichen Effekt hat es, wenn es wenigen großen Anbietern gelingt, effiziente Zustellung mit Zusatzerlösen zu kombinieren. Diese Unternehmen realisieren die Wertschöpfung an ihren steuerlichen Unternehmenssitzen. Die Regionen geht leer aus, verliert Wertschöpfung und Gestaltungsmöglichkeiten für die Liefersystemen. Andere Branchen zeigen dieses Szenario eindrucksvoll auf.

Der KEP Markt bekommt ein neues Betriebssystem

Durch die Entwicklung in diesen beiden Szenarien wird der aktuelle Kreislauf durchbrochen werden. Steigende Effizienz und zusätzliche Erlöse verbessern die Deckungsbeiträge. Dadurch kann der kostenintensive Anstieg der B2C Sendungen aufgefangen und überkompensiert werden. Lohnzuwächse werden so möglich. Voraussetzung dafür ist quasi ein neues Betriebssystem für den KEP Markt.

Initiative offen KEP Standards – Chancen für mittelständische dezentrale KEP Netze

Offene diskriminierungsfrei zugängliche Standards und Regelwerke sind ein wichtiger Schlüssel für die mittelstandsfreundliche und volkswirtschaftlich sinnvollere Zukunft der KEP Märkte. Unternehmer der Branche treiben unter dem Dach den BdKEP deshalb die Initiative offen KEP Standards kep-os.de voran. Die Initiative offene KEP-Standards arbeitet unter dem Motto Kooperation. Einfach. Machen! Voraussetzungen für offene und anbieterübergreifende Plattformen im Kurier-, Express- und Paketgeschäft zu schaffen, ist ihr Ziel.

Foto: © Adobe Stock

 

Andreas Schumann, Berlin, ist Vorsitzender des Bundesverbandes der KURIER-EXPRESS-POST-DIENSTE e.V. Der BdKEP vertritt seit 1990 die gewerbepolitischen Interessen von Unternehmern und Unternehmen der Kurier-, Express-, Paket- und Briefdienste. Der Verband setzt sich für liberalisierte offene Postmärkte ein und hat im Mai 2014 die Open Postal Alliance initiiert. Seit 1998 war Andreas Schumann in verschiedenen Postunternehmen als Eigentümer oder in Führungspositionen, darunter bei der TNT Post GmbH & Co. KG, heute PostCon und der internetPost AG, tätig. Als Entrepreneur ist er ein Bindeglied zwischen traditionellen KEP-Unternehmen, Logistik-Start-Ups und innovativen Logistikdienstleistungen sowie Verbänden und Institutionen. Die Chancen der Digitalisierung für traditionelle Postunternehmen nutzbar zu machen und die Branche in den neuen digitalen Allianzen zu platzieren sind seine Hauptanliegen. www.bdkep.de

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